In unserer Facebook-Gruppe „100% Angler – Netzwerk Angeln“ erreichte Netzwerk Angeln der Hilferuf eines Vaters. Markus wollte gerne gemeinsam mit seiner 12-jährigen Tochter in Bayern angeln und war einigermaßen verzweifelt, weil man der Tochter seitens der Behörden den dafür nötigen Fischereischein nicht ausstellen konnte oder wollte.
Laut dem Vater war die Begründung der Gemeindeverwaltung recht einfach:
Da die Tochter ihren Wohnsitz im benachbarten Österreich hat, kann man ihr keinen bayerischen Fischereischein ausstellen.
Nachdem man dem Vater offensichtlich auch beim Landesfischereiverband Bayern nicht entscheidend weiterhelfen konnte und auch der vom Verband empfohlene Anruf des Vaters im Ministerium keine Lösung in Aussicht stellte, war die Hoffnung gemeinsam mit seiner Tochter in den Ferien legal in Bayern angeln zu können nahezu geschwunden.
Am Ende hat es trotz aller Widerstände doch noch geklappt und die Junganglerin aus Österreich hat jetzt einen bayerischen Jugendfischereischeinen. Endlich kann sie nun in ihren Ferien gemeinsam mit ihrem Vater in Bayern angeln.
Netzwerk Angeln hilft!
Wie es mit der Unterstützung von Netzwerk Angeln gelang, dass Lena doch noch einen Jugendfischereischein in Bayern bekam habe ich nachfolgend kurz zusammengefasst:
Die Anfrage von Markus in unserer Facebook-Gruppe las ich mit Kopfschütteln. Dass hier tatsächlich einem Kind in Bayern der Zugang zum Angeln verwehrt werden sollte, ist in keiner Weise zu akzeptieren.
Schnell war klar, dass man hier Hilfestellung leisten muss, wo es nur geht.
Da ich selber aus Bayern komme und hier auch als Kurlseiter und Ausbilder im Vorbereitungskurs zur Fischerprüfung im Fach Rechtskunde tätig bin, ist mir das Fischereirecht in Bayern durchaus geläufig.
Ich bot also meine Hilfe an und so kam es schnell zu einem ersten Telefongespräch in dem mir Markus sein bisheriges Vorgehen sowie die Absagen die er bislang erhalten hatte schilderte.
Nachdem ich die Sachlage etwas sortiert hatte, war mir schnell klar, dass hier vor allem ein Kommunikationsproblem vorliegt, welches es kompetent aufzulösen gilt.
Fischereirecht rund um jugendliche Angler in Bayern
Im Prinzip ist die Sachlage erstmal völlig unspektakulär. Kinder und Jugendliche zwischen 10 und 18 Jahren erhalten in Bayern einen Jugendfischereischein der sie berechtigt in Begleitung eines volljährigen Inhabers eines Fischereischeins angeln zu gehen. Die Herkunft der Kinder und Jugendlichen spielt dabei keine Rolle. Eigentlich einfach, oder?
Es stellt sich dann jedoch die berechtigte Frage, warum die von Markus angefragten Stellen, also Gemeindeverwaltung, Ministerium und Landesfischereiverband Bayern ihm so einen einfachen Sachverhalt nicht mitteilen konnten und sich die Erteilung des Jugendfischereischeins für seine Tochter letztlich wochenlang hinzog.
Jugendfischereischein vs. Touristenfischereischein
Kompliziert wird die Sache dadurch, dass es für erwachsene Angler aus dem Ausland in Bayern einen sogenannten Jahresfischereischein gibt. Das bedeutet, volljährige Personen aus dem Ausland, können in Bayern einen speziellen Angelschein beantragen, der sie dazu berechtigt innerhalb eines Jahres 3 Monate in Bayern zu angeln. Zum Einsatz kommt dieser Schein z.B. bei Touristen oder Menschen die zeitweise in Bayern arbeiten.
Wenn man nun also weiß, dass es einen „Touristenfischereischein“ für volljährige Besucher aus dem Ausland in Bayern gibt, ist es naheliegend anzunehmen für minderjährige Besucher aus dem Ausland gäbe es analog dazu einen „Touristenfischereischein für Jugendliche“. Tatsächlich gibt es ein solches Dokument aber nicht. Und genau hier lag das Kommunikationsproblem.
Man teilte Markus immer wieder mit, dass es einen „Touristenfischereischein für Jugendliche“ , nicht gibt. Was natürlich richtig ist.
Was man ihm aber vorenthielt, ist der Grund warum es ein solches Dokument nicht gibt:
Es braucht keinen speziellen Jugendfischereischein für Touristen, denn der gewöhnliche Jugendfischereischein kann auch jugendlichen Besuchern aus dem Ausland ausgestellt werden!
Presseanfrage zum Jugendfischereischein beim Ministerium
Nachdem Markus mit seinen Bemühungen nicht vorwärts kam und sich immer wieder Absagen einfing, war ich irgendwann deutlich genervt von den Rückschlägen die Markus mir zwischenzeitlich immer wieder mitteile.
Ich entschloss mich also den Fall auch journalistisch aufzunehmen und setzte mich selbst mit dem Ministerium in Verbindung.
Glücklicherweise landete ich direkt beim ersten Anruf, bei einer kompetenten Mitarbeiterin die meiner Argumentation, dass man einfach nur einen Jugendfischereischein ausstellen müsse, Gehör schenkte und sofort auch überblickte dass hier wohl ein Kommunikationsproblem vorlag.
Guten Mutes, dass wir für Markus Tochter jetzt doch einen Jugendfischereischein bekommen könnten, besprach ich die Sachlage auch nochmal mit meinem Netzwerker Kollegen und Anwalt Kolja Kreder, der sich daraufhin nochmal intensiver mit der rechtlichen Seite befasste und meine journalistischen Bemühungen so letztlich auch mit einer sehr detaillierten juristischen Begründung hätte unterstützen können.
Doch das war glücklicherweise gar nicht mehr nötig, denn in der Zwischenzeit schrieb ich eine Presseanfrage an das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) um von dort eine Antwort „Schwarz auf Weiß“ zu erlangen:
Sehr geehrte Damen und Herren,
nachdem ich bereits kurz telefonischen Kontakt zu Fr. Dr. Darsow hatte, möchte ich Ihnen in Absprache diese Presseanfrage übermitteln.
Zum Sachverhalt:
Das Internetportal Netzwerk Angeln, für das ich als Redakteur tätig bin, ist auch immerwieder Anlaufpunkt für Fragen rund um die Erteilung von Fischereischeinen in Bayern.
Aktuell wurde ein Fall an uns herangetragen in dem es um die Erteilung (bzw. NICHT-Erteilung) eines Jugendfischereischeins für ein 12-jähriges Mädchen, welches in Österreich wohnhaft ist, durch eine Gemeindeverwaltung in Oberfranken geht.
Die Antragstellerin (bzw. ein gesetzlicher Vertreter) konnte in mehreren Gesprächen mit der zuständigen Gemeindeverwaltung bislang nicht erreichen, dass ihr ein Jugendfischereischein erteilt wird.
Gegenstand der Diskussionen ist, soweit uns mitgeteilt wurde, wohl die Tatsache dass die Antragstellerin ihren Wohnsitz im benachbarten Österreich hat.
Sowohl nach meinen Recherchen, als auch nach meinem Kenntnisstand als Kursleiter und Ausbilder für Rechtskunde im Vorbereitungskurs zur Fischerprüfung in Bayern, sollten der Erteilung eines Jugendfischereischeins an eine 12-Jährige mit Wohnsitz in Österreich keine Rechtsgründe entgegenstehen.
In den Verwaltungsvorschriften zum Vollzug fischereirechtlicher Bestimmungen (VwVFiR) für Bayern wird unter dem Punkt 14.3.3. explizit auf die Möglichkeit verwiesen jugendlichen Besuchern aus dem Ausland den Jugendfischereischein zu erteilen.
Ferner sollte sich auch die fachliche Zuständigkeit der Gemeindeverwaltung ebenfalls aus den VwVFiR ergeben, sie ist dort unter dem Punkt 10.3.1 geregelt.
Der in den VwVFiR angeführte Punkt 11.1 spricht zwar von der Möglichkeit einer Versagung von Fischereischeinen bei fehlendem Wohnsitz im Inland,
weist aber explizit darauf hin dass darauf eine Versagung nur gestützt werden soll, wenn der Erteilung des Fischereischeins andere Hinderungsgründe entgegenstehen (z.B. ein Eignungsmangel) und das Fehlen eines Wohnsitzes im Inland für sich betrachtet regelmäßig keinen Versagungsgrund darstellt.
Da die Erteilung eines Jugendfischereischeins keine besonderen Eignungen voraussetzt, dürfte der Punkt 11.1 hier auch keine Anwedung finden.
Ich möchten Sie daher bitten mir die folgenden Frage(n) aus Sicht Ihres Ministeriums zu beantworten:
1) Ist es bayerischen Kommunalverwaltungen möglich einen Jugendfischereischein für Kinder und Jugendliche mit Wohnsitz im Ausland zu erteilen?
Falls Nein:
2) Aus welchen Gründen ist dies nicht möglich?
Für die zeitnahe Beantwortung bedanke ich mich im Voraus.
Bitte beachten Sie, dass Fragen sowie Antworten zur Veröffentlichung vorgesehen sind.
(Hintergrund)Informationen oder sonstige nicht zur Veröffentlichung vorgesehen Punkte in ihrer Antwort daher bitte kennzeichnen.
Franz Hollweck
Redaktion Netzwerk Angeln
Die Antwort folgte prompt. Schnell und direkt auf den Punkt stellte man die Sichtweise des Ministeriums klar.
Lieber Herr Hollweck,
die Landesanstalt für Landwirtschaft hat ihre Anfrage an uns weitergeleitet.
Hier unsere Antwort: In Bayern kann Kindern und Jugendlichen ab dem zehnten Lebensjahr bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres ein sogenannter Jugendfischereischein erteilt werden (Art. 58 Bayerisches Fischereigesetz - BayFiG).Das Bestehen der Fischerprüfung ist dafür nicht erforderlich. Allerdings berechtigt der Jugendfischereischein zur Ausübung des Fischfangs nur in verantwortlicher Begleitung eines volljährigen Inhabers eines Fischereischeins (Art. 58 Abs. 2 Satz 2 BayFiG).
Diese Regelung ist auch auf Kinder und Jugendliche mit Wohnsitz im Ausland anwendbar.
Das heißt, Kindern und Jugendlichen mit Wohnsitz im Ausland kann in Bayern ein Jugendfischereischein erteilt werden. Die Erteilung ist neben der Altersgrenze an keine weiteren Voraussetzungen geknüpft.
Für die Erteilung von Jugendfischereischeinen an Kinder und Jugendliche mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland ist die Gemeinde zuständig, in deren Gebiet das Kind oder der Jugendliche fischen will.Mit freundlichen Grüßen
Christina Köstler
Referat PR Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Damit lag nun also auch von offizieller Seite eine klare Stellungnahme vor. Es sollte nun also kein Problem mehr sein bei der Gemeinde einen Jugendfischereischein ausstellen zu lassen.
Bürokratische Hürden
Die Gemeindeverwaltung war jedoch immernoch skeptisch und war der Ansicht, die Gemeinde müsse vom Ministerium nochmals eine schriftliche Bestätigung einholen.
Eine Bestätigung worüber eigentlich?
Dass die in deutscher Sprache formulierten Verwaltungsvorschriften so sind wie sie sind?
Zum Glück ist man im Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten aber auf zack und kümmerte sich sofort auch darum.
Als Markus gegenüber der Gemeindeverwaltung dann auch diese Zweifel endgültig ausräumen konnte, schien der lang ersehnte Jugendfischereischein jetzt doch langsam aber sicher in Reichweite zu sein.
Selbst dass man vor Ausstellung eines Jugendfischeischeins noch die Erlaubnis der Mutter, in Form einer beglaubigten Einverständniserklärung eines siegelberechtigten Amts (was in Wien entweder ein Gericht oder ein Notar macht) verlangte, konnte Vater und Tochter jetzt nicht mehr abschrecken.
Nachdem jetzt schon soviele Hürden genommen waren, wurde halt auch dieses Dokument noch besorgt.
Dann war es endlich so weit. Ein 12-jähriges Mädchen mit Wohnsitz im Ausland erhält einen Bayerischen Jugendfischereischein!
Fazit:
Es ist natürlich traurig welche bürokratischen Irrwege eine angehende Junganglerin hier gehen musste um an einen Jugendfischereischein zu kommen.
Weder Gemeindeverwaltung, noch der Landesfischereiverband Bayern und im ersten Anlauf auch das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) haben sich hier mit Ruhm bekleckert.
Dennoch muss man in der Nachbetrachtung das StMELF hier auch ganz ausdrücklich loben, Nachdem aus Sicht des Ministeriums der Fall inhaltlich geklärt war, hat man wirklich hervorragende Hilfestellung geleistet und letztlich schnell und kompetent mit dazu beigetragen, dass der Jugendfischereischein pünktlich ausgestellt werden konnte.
Ich ziehe meinen Hut vor Markus der sich, trotz all der Abweisungen die er seitens der offiziellen Stellen erfuhr, nicht entmutigen lies und zahlreiche Telefonate und Behördengänge hinter sich brachte um seiner Tochter irgendwie das Angeln zu ermöglichen!
Viel Spaß und ein kräftiges Petri Heil bei euren hoffentlich zahlreichen gemeinsamen Angeltouren!
Kommentare
Könnte Vorbild für viele sein, die etwas für Angler tun wollen!
Es zeigt aber auch den Bürokratiewahnsinn ums Angeln in Deutschland exemplarisch!