750 teaser nachtangelverbot bw

Nachdem der Landesfischereiverband Baden-Württemberg nach seiner Mitgliederversammlung 2019 von einem politischen Durchbruch auch bezüglich der Abschaffung des Nachtangelverbotes schrieb und dies veröffentlichte, war ich mehr als skeptisch. Denn die Antworten der dazu von mir befragten Parteien im Artikel "Politischer Durchbruch beim Angeln in Baden-Württemberg gescheitert" gaben zur Hoffnung auf Besserung keinen Anlass.
So wurde bei der neuen Fischereiverordnung 2020 (das Nachtangelverbot ist in der Verordnung festgehalten) folgerichtig auch das Nachtangelverbot beibehalten.
Daraufhin verkündete der Landesfischereiverband auf seiner Webseite, dass er nun deswegen gegen das Nachtangelverbot geklagt hätte.


750 2 screenshot klageVollmundige Ankündigung auf der Webseite des LFV BW.  Letzter Abruf am 14.09.2020

Aufgrund meiner bisherigen persönlichen Erfahrungen mit dem Wahrheitsgehalt mancher Aussagen des Landesfischereiverbandes begab ich mich auf Spurensuche, um die Fakten zu recherchieren und veröffentlichen zu können.

  1. Ich habe mir von Juristen die Systematik und Zuständigkeit so einer Klage erklären lassen.
  2. Ich schrieb den Verband an und bat um Aufklärung vor welchem Gericht wie geklagt worden war.
  3. Ich habe dann beim in Baden-Württemberg zuständigen Gericht nachgefragt ob eine solche Klage eingegangen wäre.
  4. Nach der Antwort des Gerichtes bat ich den Verband nochmals um Stellungnahme zu seiner Klage.

Die überraschenden Ergebnisse lest ihr nachfolgend.

Vorab: Warum ein Verband IMMER aktiv gegen ein solches Nachtangelverbot arbeiten MUSS

Selbst wenn ein Verband nur für seine Vereine und nicht für Angler und das Angeln eintritt, muss er sich immer klar für die Abschaffung eines pauschalen Nachtangelverbotes in Gesetzen oder Verordnungen positionieren. Denn nur wenn es keine pauschalen Nachtangelverbote gibt, kann jeder Verein und jeder andere Gewässerbewirtschafter selber entscheiden, ob diese an ihrem Gewässer ein Nachtangelverbot wollen oder nicht.

  • Der Verein, der ein Nachtangelverbot befürwortet, kann dann selbst ein Nachtangelverbot erlassen.
  • Der Verein, der nachts lieber seine Angler am Gewässer hat (Stichwort Schwarzangler etc.), kann dann aber nachts auch angeln lassen.

Nur so kann man als Verband alle seine Vereine mitnehmen.

750 2 stimmung nachtangelnWeder ein Gesetz, eine Verordnung noch ein Verband sollten darüber zu entscheiden haben, ob man an einem Gewässer nachts angeln darf.
Diese Entscheidung sollte dem jeweiligen Bewirtschafter oder Verein vorbehalten sein.

Kann der Landesverband überhaupt gegen das Nachtangelverbot klagen?

Da wir in einem Rechtsstaat leben kann man grundsätzlich immer auch gegen Entscheidungen und Vorgaben des Staates klagen. Je nach Situation, Kläger (Einzelperson oder Organisation) und Einzelfall gibt es aber nur bestimmte zulässige Wege einer Klage. Dies hat Raimund Müller als fachkundiger Jurist und Dozent für mich im Falle des Nachtangelverbotes Baden-Württemberg beschrieben:

Eine gerichtliche Überprüfung des in § 3 Abs.1 LFischVO BW geregelten Nachtangelverbotes ist entweder als abstrakte Normenkontrolle iSv § 47 VwGO iVm § 4 AG VwGO BW mit der Zuständigkeit des VGH BW denkbar. Ein solches Verfahren ist vom Verband nicht anhängig gemacht worden. So die Auskunft des VGH.

Außerdem gibt es die Möglichkeit einer sogenannten inzidenter Überprüfung im Rahmen einer Anfechtungs- bzw. negativen Festellungsklage im normalen Instanzenweg (Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes, siehe z. B. Corona Entscheidung in Niedersachsen mit Unterstützung des Anglerverband Niedersachsen (Aufhebung Angelverbote)).

Voraussetzung hierfür ist, dass der Klageführende eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen kann. Auch hierzu ist nicht bekannt, dass ein solches Verfahren jemals anhängig gemacht worden ist, erst recht nicht durch den Landesverband, dem es dazu an der Verletzung eigener Rechte fehlt.

Raimund Müller, Dozent an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW für Strafrecht, Strafprozessrecht, Allgemeines Verwaltungsrecht (i.R.)

Wo hat der Landesfischereiverband Baden-Württemberg seine Klage eingereicht?

Um zu verstehen warum eine mögliche Klage gegen das Nachtangelverbot ein wirklich berichtenswertes Ereignis wäre muss man wissen:

Der Landesfischereiverband Baden-Württemberg bzw. der VfG BW  (der einer der Verbände war, die 2015 im Zuge der Verschmelzung der Verbände in Baden-Württemberg zum LFVBW gekommen sind) hatte die bereits einmal von der Politik gewünschte Abschaffung des Nachtangelverbotes mit einer Stellungnahme torpediert und teilte dem damaligen Ministerpräsidenten Teufel in einem offenen Brief im Jahr 2003 u.a. folgendes mit:

Das Nachtfischverbot führt zu keinen wesentlichen Einschränkungen der Angelfischerei, denn der zulässige Angeltag ist mit 10 bis 18 Stunden wirklich lang genug, jedenfalls für einen vernünftigen Fischer.
Offener Brief des "Landesfischereiverbands" (VFG BW) vom 24.10.2003 an den Ministerpräsident Erwin Teufel - ganzer Text siehe Anhang 3

In den letzten Jahren unter Präsident von Eyb hatte der Landesfischereiverband dann immer nur halbherzig zum Thema agiert (u. a. mit Abstimmungen im Verband nur unter Vorständen statt unter Anglern, ob man das Nachtangelverbot abschaffen sollte etc.).

Daher war ich sowohl erstaunt wie sehr erfreut, dass unter dem neuen Präsident Wahl nun der Verband gegen das Nachtangelverbot geklagt haben will.  Die Geschehnisse der Vergangenheit vor Augen war ich aber skeptisch, ob dies tatsächlich geschehen ist.

Nachfrage beim Landesfischereiverband

Der erste Weg um mehr zu erfahren, war den Landesverband direkt zu befragen (Mails im Wortlaut in Anhang 1). Leider war dessen Auskunft nur, dass man wegen des "laufenden Verfahrens" nicht einmal preisgeben wollte, vor welchem Gericht man geklagt hätte. Das hat mich dann zusätzlich misstrauisch werden lassen - zumindest die Nennung der Gerichtes wäre ja kein Problem gewesen.

Nachfrage beim zuständigen Gericht

Verschiedene Juristen (Richter Dozenten, Anwälte) mit denen ich das Thema besprach um mir die juristischen Hintergründe erklären zu lassen, bestätigten mich in meiner Skepsis. So entschied ich mich auf deren Rat hin, das zuständige Gericht in Baden-Württemberg, den Verwaltungsgerichsthof in Mannheim, nach dem Eingang einer diesbezüglichen Klage seitens des Landesfischereiverband Baden-Württemberg zu fragen.

Dies habe ich getan (Mails im Wortlaut in Anhang 2) und die Antwort war so kurz wie eindeutig:

Sehr geehrter Herr Finkbeiner,

eine Normenkontrolle des Landesfischereiverbands Bad.-Württ. e. V. gegen § 3 Abs. 1 der Landesfischereiverordnung ist beim VGH nicht anhängig. Für Normenkontrollverfahren, die Landesverordnungen unmittelbar zum Gegenstand haben, ist der VGH in 1. Instanz zuständig.

Ob die Vorschrift im Rahmen eines bei einem der vier Verwaltungsgerichte des Landes anhängigen Verfahren eine Rolle spielt und dort mittelbar (inzident) zur Prüfung steht, kann von hier aus nicht beantwortet werden. Beim VGH ist jedenfalls auch kein solches Verfahren anhängig.

Bedanken möchte ich mich hier ausdrücklich bei der Presseabteilung des VGH Mannheim. Selten habe ich eine so schnelle, freundliche und klare Bearbeitung von Nachfragen bei Ministerien, Behörden oder Gerichten erlebt.

Nach allem was ich recherchieren konnte und auch nach der eindeutigen Antwort des Verwaltungsgerichtshof Mannheim, scheint es eine zielführende Klage des Landesfischereiverbandes Baden-Württemberg beim zuständigen Gericht gegen das Nachtangelverbot offenbar nicht zu geben.

Ich habe mich nach einem Monat dann noch ein zweites Mal beim Verwaltungsgerichtshof Mannheim versichert, ob nicht doch inzwischen eine Klage eingegangen sei. Dies wurde wiederum klar verneint.

Sehr geehrter Herr Finkbeiner,

es gibt – soweit ersichtlich – keine Änderung bezüglich der zuvor erteilten Auskunft.

Mit freundlichen Grüßen


Jens Hofmann

Diesbezügliche Nachfragen (Mails siehe Anhang) beim Landesfischereiverband Baden-Württemberg wurden dann trotz mehrfacher Nachfrage an Geschäftsstelle, Präsidium und viele Funktionäre nicht mehr beantwortet.

Interessant ist dabei noch anzumerken, dass die ebenfalls angemailten Funktionäre des Landesfischereiverbandes aus den Regionen und Regionalgeschäftstellen nicht zur Sache antworteten und scheinbar auch weder Willens noch in der Lage waren, bei ihrem Präsidium oder der Geschäftsstelle für Aufklärung zu sorgen.  Angekommen waren die Mails jedenfalls, denn es gab einige wenige automatische Antworten wegen Urlaub/Abwesenheit.

Anscheinend hat der gesamte Verband hier beschlossen zu mauern statt eine einfache Frage zu beantworten:
Bei welchem Gericht und gegen was genau wurde geklagt?

Hat der Landesfischereiverband Baden-Württemberg nun gegen das Nachtangelverbot geklagt oder nicht?

Am Ende bleibt die Frage, ob der Verband hier tatsächlich in seiner Veröffentlichung sowohl seine zahlenden Mitglieder wie auch die Öffentlichkeit bezüglich einer Klage gegen das Nachtangelverbot eiskalt belogen hat?

Oder ob man seitens des Verbandes vielleicht nur nicht kompetent genug war beim richtigen, zuständigen Gericht eine zielführende Klage einzureichen?

Vielleicht hat der Verband aber auch einen Klageweg beschritten, der selbst spezialisierten Juristen bislang gar nicht bekannt war?

Damit sich die Leser selbst ein Bild machen können, habe ich die für mich recherchierbaren Fakten gesammelt und hier aufgelistet. Die Schlüsse welche man daraus nun ziehen will überlasse ich getrost den Lesern und speziell denen darunter, die über ihre Mitgliedsbeiträge den Landesverband Baden-Württemberg bezahlen.

Das Thema Nachtangelverbot in Baden-Württemberg  werden wir bei Netzwerk Angeln natürlich weiterhin im Blick haben und über die aktuellen Entwicklungen berichten.

Anhänge - Stellungnahmen, Mails und Antworten


Die erste Mail an Präsident und Geschäftsführung

Sehr geehrter Herr Wahl
sehr geehrter Herr Sosat,
sehr geehrte Damen und Herren,

mit Interesse haben wir die Äußerungen des Verbandes wahrgenommen, dass Klage erhoben worden wäre gegen das Nachtangelverbot (https://www.lfvbw.de/2-uncategorised/1507-geaenderte-landesfischereiverordnung-in-baden-wuerttemberg-in-kraft):
”blieb daher keine andere Möglichkeit mehr, als nun sofort diese Angelegenheit vor Gericht zu bringen”

Dazu unsere Fragen:
1.:
Könnten sie uns mitteilen, vor welchem Gericht welche Klage mit welchen Gründen/Begründung genau erhoben wurde?

2.:
Könnten sie uns die Klageschrift zukommen lassen?

3.:
Wurde die Klage angenommen oder abgewiesen und steht ein Verhandlungstermin fest?

Fragen wie Antworten sind zur Veröffentlichung gedacht.

Wir würden uns freuen, wenn sie die Fragen bis 10. 06. 2020 beantworten könnten.

Informationen die nicht veröffentlicht werden sollen, bitte deutlich kennzeichnen.

Bei Nachfragen stehen wir gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen und bleiben sie gesund,

Thomas Finkbeiner

Die zweite Mail zur Nachfrage, auch an Regionalfunktionäre und Präsidiumsmitgieder

Sehr geehrter Herr Wahl,
sehr geehrter Herr Sosat,
sehr geehrte Damen und Herren,

anscheinend ist meine untenstehende Mail an Herrn Präsidenten Wahl nicht angekommen, daher sende ich diese nochmals mit der Bitte um Antwort an die Mailadressen des Verbandes.

Vielleicht kann jemand dann die Mail, respektive die Fragen, an die zuständigen Damen und Herren des Verbandes weiterleiten.

Über eine kurzfristige Antwort würde ich mich freuen.

Mit freundlichen Grüßen und herzlichem Dank für Ihre Aufmerksamkeit und Bemühungen,
Thomas Finkbeiner

Antwort des Geschäftsführers, alle angemailten Funktionäre in CC

Sehr geehrter Herr Finkbeiner,

bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir zu einem laufenden Verfahren keine Aussagen machen.

Einen schönen Tag wünscht Ihnen

Reinhart Sosat

Geschäftsführer

Meine nochmalige Nachfrage an alle, bis heute unbeantwortet

Sehr geehrter Herr Sosat,

herzlichen Dank für die Rückmeldung und Nichtantwort.

Es war ja nur die Frage ob es überhaupt ein Verfahren gibt und vor welchem Gericht.

Das würden wir weiterhin gerne wissen und sehen keinen Grund, das nicht mitzuteilen.

Dies nicht mitzuteilen nährt nur den Verdacht, dass es sich hier nur um eine weitere mit Skepsis zu betrachtende Verlautbarung des Verbandes mit noch nachzuprüfendem Wahrheitsgehalt handeln könnte.

Wir werden natürlich dran bleiben.

Mit freundlichen Grüßen,
Thomas Finkbeiner

Die Mail an den Verwaltungsgerichtshof Mannheim

Sehr geehrter Herr Hettich,
sehr geehrte Damen und Herren,

nach meinen bisherigen Recherchen müsste der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim für meine Frage die richtige Adresse sein:
Ist beim VGH Mannheim eine Normenkontrolle seitens des Landesfischereiverband Baden-Württemberg e.V. anhängig, welche die Abschaffung des sogenannten “Nachtangelverbotes” zum Thema hat (Landesfischereiverordnung - LFischVO –; § 3 Fischerei mit Angeln (1) .. Der Fischfang ist nur eine Stunde vor Sonnenaufgang bis eine Stunde nach Sonnenuntergang, der Aal-, Wels- und Krebsfang bis 24 Uhr, für den Zeitraum der Einführung der mitteleuropäischen Sommerzeit bis 1 Uhr, gestattet. )?

Ich würde mich über eine zeitnahe Antwort freuen.

Sollte der VGH Mannheim nicht der richtige Adressat für die Frage sein, würde ich mich sehr freuen, wenn Sie mir dann weiterhelfen und den richtigen Adressaten nennen könnten.

Hochachtungsvoll,
Thomas Finkbeiner

Die umgehende, schnelle und vollständge Antwort:

Sehr geehrter Herr Finkbeiner,

eine Normenkontrolle des Landesfischereiverbands Bad.-Württ. e. V. gegen § 3 Abs. 1 der Landesfischereiverordnung ist beim VGH nicht anhängig. Für Normenkontrollverfahren, die Landesverordnungen unmittelbar zum Gegenstand haben, ist der VGH in 1. Instanz zuständig.

Ob die Vorschrift im Rahmen eines bei einem der vier Verwaltungsgerichte des Landes anhängigen Verfahren eine Rolle spielt und dort mittelbar (inzident) zur Prüfung steht, kann von hier aus nicht beantwortet werden. Beim VGH ist jedenfalls auch kein solches Verfahren anhängig.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jens Hofmann

stellv. Pressesprecher

Meine Nachfrage nach 6 Wochen

Sehr geehrter Herr Dr. Hofmann,

da Sie so schnell, freundlich und umfassend geantwortet hatten und wir im Laufe der nächsten oder übernächsten Woche dazu veröffentlichen wollen, erlaube ich mir nachzufragen, ob sich inzwischen eine Änderung ergeben hat und eine Normenkontrolle/Klage wegen des Nachtangelverbotes doch vom Landesfischereiverband oder sonst jemand beim VGH Mannheim vorliegt.

Ich bedanke mich schön jetzt für Ihre Bemühungen,

Grüße und bleiben Sie gesund,
Thomas Finkbeiner

Genau so schnell, eindeutig und klar wie bei der ersten Mail kam die Antwort:

Sehr geehrter Herr Finkbeiner,

es gibt – soweit ersichtlich – keine Änderung bezüglich der zuvor erteilten Auskunft.

Mit freundlichen Grüßen


Jens Hofmann

Maßnahmenkatalog zum Bürokratieabbau

siehe auch Schreiben vom 12.11.03 an den Ministerpräsidenten

Aus der Tagespresse hat der Landesfischereiverband vom „Maßnahmenkatalog zum Bürokratieabbau“ erfahren und sich erst einmal gefreut. Bei näherem Hinschauen auf der Homepage des Staatsministeriums mussten wir dann aber zu unserer Überraschung feststellen, dass es künftig einen Fischereischein auf Lebenszeit geben, das Nachtfischverbot aufgehoben werden und die Anzeigepflicht für Fischereipachtverträge abgeschafft werden soll! 

Zu den genannten Maßnahmen hat der Landesfischereiverband aus fachlichen Sicht folgende Anmerkungen in einem offenen Brief am 24.10.2003 an den Ministerpräsident Erwin Teufel (MdL) geschrieben und darum gebeten, für die Streichung der angesprochenen Punkte aus dem Maßnahmenkatalog zu sorgen:

Aufhebung des Nachtfischverbots 
Das Nachtfischverbot führt zu keinen wesentlichen Einschränkungen der Angelfischerei, denn der zulässige Angeltag ist mit 10 bis 18 Stunden wirklich lang genug, jedenfalls für einen vernünftigen Fischer. Eine Aufhebung des Verbots würde aber zu einer erheblichen Störung der Nachtruhe der Fische und der am und im Wasser lebenden Tierwelt führen. Vor allem Vögel wären gefährdet, aber auch andere Arten. Ferner wäre eine verstärkte Gefährdung der Pflanzenwelt der ökologisch besonders sensiblen Gewässerrandstreifen nahezu sicher. Bei Nacht ist zudem die Einhaltung eines sachgemäßen Fischfangs beispielsweise hinsichtlich Drill, Anlandung und Tötung erheblich erschwert. Ein weiteres Problem ist die Gefahr der Fischwilderei. Bei allgemeiner Zulassung der Nachtfischerei wäre eine wirksame Fischereiaufsicht nicht mehr möglich, den Aufsichtspersonen auch gar nicht zuzumuten. Die Aufhebung des Verbots würde also zu einer Gefährdung der Fischbestände führen. Nach unserer Auffassung würde somit die Zulassung der Angelfischerei zur Nachtzeit gegen Grundsätze des Natur- und Tierschutzes verstoßen und die Fischbestände gefährden. Eine Aufhebung lehnen wir als Vertreter der Fischerei und als anerkannter Naturschutzverband deshalb entschieden ab. Sie würde dem Anspruch der Angelfischer als Naturschützer nicht gerecht, sondern ihr einen schlechten Ruf einbringen und ihr ungleich mehr schaden als sie einzelnen Interessenten nützen könnte.

Abschaffung der Anzeigepflicht für Fischereipachtverträge bei der Fischereibehörde
Seit Jahren fordern Natur- und Tierschutzverbände eine stärkere staatliche Überwachung der Berücksichtigung ökologischer Belange im Rahmen der Hegepflicht. In einigen Bundesländern wurden deshalb Pflicht-Hegepläne eingeführt, die von der Fischereibehörde zu genehmigen sind. So einen bürokratischen Aufwand wollen wir nicht. In Baden-Württemberg haben wir statt dessen schon seit 1980 die Anzeigepflicht für hegeübertragende Fischereipachtverträge. Sie ist eine sehr ökonomische und gleichzeitig die einzige praktikable Möglichkeit der Fischereiverwaltung, flächendeckend auf eine „ökologische Gestaltung“ von Fischereipachtverträgen einzuwirken. Das Verfahren hat sich hervorragend bewährt und inzwischen zu einer partnerschaftlichen, fachlichen Überarbeitung des Vertragsentwurfs entwickelt. Hier werden die fachlichen Aspekte eingebracht, die eine nachhaltige Bewirtschaftung der Fischbestände gewährleisten. Wie wichtig der Erhalt der Anzeigepflicht ist, zeigt sich darin, dass auch heute noch der weitaus größte Teil der Vertragsentwürfe überarbeitet wird. Diese fachliche Überarbeitung der Fischereipachtverträge wird von allen begrüßt, denen es wirklich um die Hege der Fischbestände geht. Eine Abschaffung der Anzeigepflicht läge nur im Interesse derjeniger, die an einer Einhaltung der Hegepflicht nicht interessiert sind und ihr Fischereirecht ohne Rücksicht auf die Nachbarn und die Natur nutzen wollen. Es ist daher zu befürchten, dass die Streichung der Anzeigepflicht schlimme Folgen nicht nur für die Fischbestände, sondern auch für das Ansehen der Fischerei hätte. Deshalb müssen wir uns auch gegen diesem Vorschlag nachdrücklich aussprechen. 

Fischereischein auf Lebenszeit
Dieses Thema haben wir schon oft diskutiert und letztlich nicht für wert befunden, es weiter zu verfolgen. Wir bezweifeln, dass für die Bürger oder die Verwaltung nennenswerte Vorteile resultieren, die die entstehenden Nachteile aufwiegen. Der Fischereischein ist nicht mit dem Führerschein vergleichbar, denn er wird nicht in einem Zentralregister erfasst. 

Zu den Punkten Nachtfischverbot und Anzeigepflicht von Pachtverträgen legen wir diesem Schreiben eine Stellungnahme eines Fachmanns für Fischereirecht bei, die unsere Bedenken in vollem Umfang bestätigt.

Stellungnahme:

Abschaffung des § 19 (Anzeige von Pachtverträgen)
Hegemaßnahmen (insbesondere die Regelung der Befischungsintensität und die Vornahme eventueller Fischbesätze) in Verwaltung des Eigentums „Fischereirecht“ dürfen nur von dessen Inhaber und dem Pächter, dem die Hegeverpflichtung übertragen ist, vorgenommen werden. Die Abschaffung der Verpflichtung zur Anzeige der hegeübertragenden Fischereipachtverträge würde einmal dazu führen, dass bei einem wesentlichen Teil der Gewässer für die Fischereiaufsicht nicht mehr bekannt ist, wer diese zentrale Verpflichtung des Fischereirechts zu erfüllen hat. Darüber hinaus würde ein effizientes und sehr verwaltungsökonomisches Institut beseitigt, das hierzulande die in anderen Ländern vorgeschriebenen, genehmigungspflichtigen Hegepläne ersetzt. Durch die Verpflichtung zur Anzeige, die im Übrigen die Vertragsparteien nicht nennenswert belastet, wird der Fischereibehörde die Möglichkeit eröffnet, bereits im Vorfeld des Vertragsvollzugs die Einhaltung der aus der Hegepflicht für das betroffene Gewässer folgenden fischereilichen Möglichkeiten (z. B. Befischungsintensität, Fischbesatz) zu beurteilen und gegebenenfalls auf die Vertragsparteien für eine ökologische Gestaltung des Vertrags einzuwirken. Wie notwendig diese fachliche Überarbeitung in der Praxis ist, zeigt, dass auch heute noch in über drei Viertel der angezeigten hegeübertragenden Pachtverträge zur Vermeidung einer förmlichen Beanstandung Vertragsänderungen auf Vorschlag der Fischereibehörde vorgenommen werden müssen. Die Überprüfung der aus der Hege folgenden Verpflichtungen ohne Anzeige und vor Ort würde demgegenüber einen nicht leistbaren Verwaltungsaufwand (z. B. Einforderung von vielfältigen Auskünften, umfangreiche und teure Fischbestandsaufnahmen) und ein Mehr an Bürokratie erfordern. Im Ergebnis würde daher die Abschaffung der Anzeigepflicht zu einer wesentlichen Aushöhlung der im Interesse von Natur-, Umwelt- und Tierschutz notwendigen Überwachung der Hege führen und somit diesen Belangen entgegen wirken. Der verfassungsrechtliche Schutzauftrag würde damit verfehlt. Völlig zu Recht würden Natur- und Tierschutzverbände die Einführung anderer Kontrollmechanismen (z. B. Hegepläne) fordern.

Verbot zur Fischerei in der Nachtzeit
Das Verbot der Angelfischerei zur Nachtzeit ergibt sich zwingend aus dem Schutz der in und am Wasser lebenden Tier- und Pflanzenwelt und aus der nicht notwendigen Beeinträchtigung ihrer Lebensgemeinschaften und Lebensstätten (Art. 20a GG, Art. 3a und 3b LV, § 13 Abs. 1). Abgesehen davon, dass dieses Verbot zu keinen fühlbaren Einschränkungen der Angelfischerei führt (die zulässige Angelzeit beträgt selbst an den kürzesten Tagen im Jahr mehr als 10 und im Sommer bis zu 18 Stunden) und aus hegerischen Gründen damit die Angelfischerei zur Nachtzeit nicht notwendig ist, muss bedacht werden, dass der Aufenthalt der Angler am Gewässer zur Nachtzeit sowohl die notwendige Nachtruhe der Fische als auch der am Wasser lebenden Tierwelt (z. B. Vögel, Kleinsäuger) gravierend stört. Durch das Betreten der Ufer mit oder ohne Beleuchtung wird die Pflanzenwelt stark gefährdet; erhebliche Schäden gerade an den ökologisch besonders sensiblen Gewässerrandstreifen (§ 1a WHG; § 2 Abs. 1 Nr. 4, § 30 Abs. 1 Nr.1 BNatSchG; § 68b WG; § 24b NatSchG) sind zu erwarten. Selbst bei umsichtigen Verhalten, das keineswegs immer gewährleistet ist, werden bei Nacht unter fehlender oder nur geringer Beleuchtung „Fehltritte“ mit großen Folgen nicht nur selten vorkommen. Geräusche und Erschütterungen ergänzen dies. Bei Nacht ist auch kein sachgemäßer allgemeiner Fischfang insbesondere hinsichtlich Drill, Anlandung und Behandlung angelandeter Fische einschließlich Tötung möglich. Besondere Probleme sind beim Abhaken und Zurücksetzen geschonter Fische zu erwarten, da diese Handlungen im Dunkeln stark erschwert bis unmöglich sind. Wegen Dunkelheit nicht einsehbare Hindernisse beim Wurf und Einholen der Angel können zu verzögerter Anlandung der gefangenen Fische oder gar zum Abreißen der Angelschnur führen, so dass vermehrt vermeidbare Beeinträchtigungen entkommener Fische z. B. durch zurückbleibende Haken zu erwarten sind.

Damit verstößt die Angelfischerei zur Nachtzeit unabhängig davon, ob sie auf Raub- oder Friedfische ausgeübt wird, gegen die Grundsätze des Naturschutzes und der Landschaftspflege (insb. § 2 Abs. 1 Nr. 4 und 9, § 4, § 41 Abs. 1 BNatSchG, § 1 Abs. 2, § 2 Nr. 2, § 3 , §§ 27 und 29 NatSchG) sowie des Tierschutzes (§§ 1 und 17 TierSchG). Diese Grundsätze stehen allen Bestrebungen auf Aufhebung des Verbots der Angelfischer zur Nachtzeit entgegen. In Natura 2000-Gebieten steht zudem das Verschlechterungsverbot der Aufhebung entgegen. Hinweise darauf, dass in anderen Bundesländern kein entsprechendes Verbot besteht oder dessen Aufhebung diskutiert wird, rechtfertigen nicht den Verstoß gegen Natur- und Tierschutzrecht. Darüber hinaus würden die Angler ihrem Anspruch als Naturschützer nicht mehr gerecht. Gerade von ihnen muss erwartet werden, dass sie die Notwendigkeit der Natur auf eine möglichst ungestörte Nachtruhe respektieren. Nicht von geringer Bedeutung ist auch, dass durch das Angeln bei Nacht praktisch der Schutz des Fischereirechts als Eigentum im Sinne des Art. 14 GG aufgehoben wird. Weder besteht für den potentiellen Fischwilderer als Hemmschwelle die Gefahr gesehen zu werden noch ist es den Aufsichtsorganen (i. d. R. den ehrenamtlichen Fischereiaufsehern) zuzumuten, in der Nacht auf "Streife" zu gehen. Selbst die Möglichkeit, in den Pacht- und Erlaubnisverträgen im Einzelfall dieses Verbot aufzunehmen, wird nur begrenzt wirksam sein, weil dann kein generelles gesetzliches Verbot mehr besteht und damit selbst bei vertraglichem Verbot die Hemmschwelle für einen Verstoß ("der Nachbar tut es auch") weitgehend entfällt. Dass in einem Teil der Bundesländer (im wesentlichen das frühere preußische Rechtsgebiet) eine solches Verbot nicht gilt, kann das traditionell in Baden (§ 30 der Landesfischereiverordnung vom 2. Februar 1888) und in Württemberg (§ 5 der Verfügung der Ministerien des Innern und der Finanzen betreffend die Ausübung der Fischerei vom 1. Juni 1894 geltende Verbot zum Angeln in der Nacht nicht infrage stellen. Auch in vielen anderen Bereichen der Ausübung der Fischerei mit der Angel bestehen sehr unterschiedliche Regelungen (z. B. Schonbestimmungen), so dass die Angler gewohnt sind, mit unterschiedlichem Landesfischereirecht zu leben.


Die Gründe, die für die Einschränkung des Verbots der Nachtfischerei auf Aal, Wels und Krebse (§ 3 Abs. 1 Satz 5 Halbsatz 2 LFischVO) ausschlaggebend waren, können nicht verallgemeinert werden. Für die Lockerung des Verbots in diesen speziell gelagerten Fällen ist maßgebend, dass die genannten Fischarten im wesentlichen nachtaktiv sind und damit zur Tageszeit kaum gefangen werden können. Außerdem wird die Fischerei auf diese Arten nur während weniger Monate ausgeübt. Abgesehen davon, dass die Fischer ihre Fanggeräte gezielt auf Wels und Aal ausstatten können, lassen die hegerischen Gründe (beide Arten müssen zur Aufrechterhaltung des Gleichgewichts in den Beständen ausreichend befischt werden können) auch im Hinblick auf das Natur- und das Tierschutzgesetz diese Ausnahme als gerechtfertigt erscheinen. Die anderen Fischarten dagegen können in ausreichendem hegerischen Umfang bei Tageszeit gefangen werden.

Schlussbemerkung
Durch die Einfügung des Staatsziels Tierschutz in das Grundgesetz sowie der Staatsziele des Umweltschutzes und des Tierschutzes in die Landesverfassung (Art 3a und 3b LV) werden Gesetzgebung, Verwaltung und Gerichtsbarkeit aufgefordert, die natürlichen Lebensgrundlagen sowie die Tiere als Lebewesen und Mitgeschöpfe zu achten und zu schützen. Da auch die Fische und deren Lebensraum davon umfasst werden, steht dies sowohl einer Abschaffung der Anzeigepflicht der hegeübertragenden Pachtverträge (§ 19) als wesentlicher Teil der notwendigen Fischereiaufsicht als auch der Aufhebung des Verbots zur Angelfischerei während der Nachtzeit (§ 44 Abs. 1 Nr. 11, § 3 Abs. 3 Satz 5 LFischVO) entgegen.

Quelle: Webseite vfg-bw.org, Abruf 02.04.2004 , Archiv-Version

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