Das erst im September 2018 erlassene Blankaalfangverbot für die Elbe in Schleswig-Holstein wird noch in diesem Jahr widerrufen.
Der Widerruf erfolgt rückwirkend für die gesamte Geltungsdauer. Mit Veröffentlichung im Amtsblatt (Voraussichtlich 27.12.2018) ist das Blankaalfangverbot hinfällig und die Aalfischerei kann wieder ohne diese Einschränkungen ausgeübt werden.
Der Widerruf erfolgt offensichtlich deshalb, weil die Verfügung rechtswidrig ist. Der zugrunde gelegte §7 der Landesverordnung über die Aalfischerei lässt ein Blankaalfangverbot in dieser Form laut einem Schreiben der Behörde offensichtlich nicht zu.
Landesverordnung über die Ausübung der Aalfischerei (Aalverordnung – AalVO) Vom 19. April 2010
Hintergrund
Am 05.September 2018 wurde für Schleswig-Holstein ein Blankaalfangverbot erlassen.
Dieses wurde in einer Allgemeinverfügung zur Einschränkung der Ausübung der Aalfischerei gemäß § 7 der Landesverordnung über die Ausübung der Aalfischerei bekanntgegeben.
Die Allgemeinverfügung umfasst 7 Punkte und hat auch Gültigkeit für Angler:
- Zum Schutz des Bestandes des Europäischen Aals (Anguilla anguilla) wird eine Schonzeit von Blankaalen (nachfolgend Schonzeit) eingeführt.
- Als Blankaal im Sinne dieser Allgemeinverfügung gilt ein zur Laichwanderung bereiter Aal, der nach allgemeinem Verständnis aufgrund äußerlicher Merkmale (silbrig bis goldbraun metallische Färbung, Farbkontrast zwischen dunkler dorsaler und silbrig-weißer ventraler Köperhälfte und vergrößertem Augendurchmesser relativ zur Körperlänge) offenkundig als Blankaal erkannt werden kann.
- Die Schonzeit gilt für den Zeitraum 1. Oktober 2018 bis 31. Januar 2019.
- Die Schonzeit gilt in zur Flussgebietseinheit Elbe gehörenden Küstengewässern gemäß § 2 Abs. 2 Landesfischereigesetz, sofern sie nicht unter den Geltungsbereich des Gesetzes zur Regelung der Seefischerei und zur Durchführung des Fischereirechts der Europäischen Union (Seefischereigesetz), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3188), fallen, und in zur Flussgebietseinheit Elbe gehörenden offenen Binnengewässern gemäß § 2 Abs. 3 i.V.m. § 2 Abs. 4 Landesfischereigesetz. Die Abgrenzung der Flussgebietseinheit Elbe ist in der Anlage 1 der Landesverordnung über die Ausübung der Aalfischerei dargestellt.
- Es ist verboten, während der Schonzeit gefangene Blankaale sich anzueignen, anzulanden, zu befördern, zu verkaufen oder anderweitig zu verwerten.
- Werden während der Schonzeit Blankaale gefangen, sind diese nach guter fischereilicher Praxis vom oder aus dem Fanggerät zu befreien und unverzüglich frei in das Fanggewässer zurückzusetzen, ohne Rücksicht darauf, ob sie unverletzt, verletzt oder tot sind.
- Werden, während der Schonzeit, Blankaale, zusammen mit anderen Fischen gefangen, sind sie von diesen zu trennen und unverzüglich frei in das Fanggewässer zurückzusetzen, ohne Rücksicht darauf, ob sie unverletzt, verletzt oder tot sind.
Angelpolitische Einschätzung
Die Bewirtschaftung des Aals in der EU ist ein großes Thema (dazu berichten wir noch).
Wie beim Baglimit Dorsch oder bei der Anlandeverpflichtung für untermaßige Fische beim Meeresangeln wie beim Dorsch in der Ostsee ist dabei die Einbindung der Angler ins Management der Berufsfischerei in den Meeren der EU maßgebend.
Diese Einbindung befürwortet auch der Naturschutzverband der organisierten Sport- und Angelfischer in Deutschland, der DAFV. Ebenso der europäische Dachverband EAA, in dem der DAFV auch Mitglied ist.
Immer wieder hört man, dass die EU – Bürokratie versucht, über dieses Einbindung der Angler bei den Berufsfischern in den Meeren auch direkten Zugriff zu erhalten zum Management der Angler und Fischbestände in Binnengewässern.
Dazu genutzt werden z. B. Fische die sowohl im Meer wie im Süßwasser leben.
Aal, Lachs, Meerforelle, Stör, Maifisch etc. sind da zu nennen.
In einer Art vorauseilendem Gehorsam“ hat hier wohl das grüne Ministerium in Schleswig Holstein versucht, mit dem bisher in Deutschland wie an der Elbe einzigartigem Verbot des Fanges von Blankaalen für Fischer und Angler in einer Verordnung Fakten zu schaffen.
Auch und gerade, weil man es nicht mal innerhalb Deutschland für die Elbe mit allen Anrainern geschafft hatte, eine gemeinsame Lösung zu finden, wie die Behörde in Kiel zugibt laut einer Veröffentlichung des Landessportfischerverbandes in Schleswig Holstein auf der Webseite des Verbandes (inzwischen nicht mehr erreichbar):
Leider ist es nicht gelungen, zur Umsetzung der „Joint Declaration“ eine einheitliche Regelung mit allen Anrainerländern der Elbe zu finden - zu verschieden sind dafür die aktuellen landesrechtlichen Ausgangssituationen. Daher wird es nach derzeitigem Stand zu einem Bündel unterschiedlicher Maßnahmen in den Ländern kommen - von einer reinen 1:1-Übernahme der Küstenschonzeit auf Binnengewässer über die Einführung von Bag Limits für Angler und Küchenfenstern für alle Nutzer bis hin zu einer Erhöhung des Mindestmaßes
Warum ein Aalangelverbot von Januar bis Oktober?
Warum hier neben den Fischern (es gibt kaum noch welche, die überhaupt abwandernde Blankaale fischen) auch ein Verbot für Angler ausgesprochen wird zu einer Zeit, in der Aalangeln mit der Handangel eher nicht erfolgreich betrieben werden kannt, wirft auch Fragen auf.
Erlässt hier das Ministerium in Unkenntnis der Faktenlage bei Anglern einfach mal Verbote?
Oder geht es nur darum, in einer Art Salamitaktik zuerst ein Verbot einzuführen, das man dann später problemlos ausweiten könnte auf die Monate, in denen Angler wirklich auf Aal angeln?
Viel Widerstand des Landessportfischerverbandes Schleswig Holstein ist ja weder zu erwarten noch war er in diesem Fall öffentlich vernehmbar – oder habt ihr als geneigte Leser da was mitbekommen vom Verband?
Kein öffentlicher Widerstand des Landesfischereiverbandes Schleswig Holstein?
Denn auch der Landesfischereiverband Schleswig Holstein hatte dem Angelverbot anscheinend grundsätzlich zugestimmt, wollte wohl nur einige Punkte anders haben. So war es zu lesen, dass es einstimmigen Beschluss der Hauptversammlung zu einer Stellungnahme dazu geben würde und diese dem Ministerium übermittelt worden wäre.
Daher habe ich den Landessportfischerverband Schleswig Holstein angemailt und gebeten, uns diese Stellungnahme zum veröffentlichen zu schicken [Anhang1].
Leider hat der Landesverband scheinbar kein Interesse, dass sich alle Angler darüber informieren können, was dem Ministerium geschrieben wurde – es kam keine Antwort.
So können wir dazu nicht mehr als Bericht zu erstatten über den erfolglosen Versuch vom Landessportfischereiverband Schleswig Holstein nähere Informationen zu erhalten, wie er sich zum Blankaalangelverbot gegenüber dem Ministerium verhalten hatte.
Da dies durch die Abschaffung des Verbotes keine dringende angelpolitische Sache mehr ist, haben wir darauf verzichtet, diesbezüglich das Ministerium zu befragen.
Schweigegeld aus der Fischereiabgabe für Verzicht auf öffentliche Kritik am Ministerium?
Interessant in dem Zusammenhang ist eben auch, dass die Verordnung mit dem Verbot auch des Aalangelns aus dem gleichen Hause, von der gleichen Behörde kommt, welche auch das Geld der Fischereiabgabe verteilt – und das zu einem großen Teil auch an den Landessportfischerverband:
Die „Oberste Fischereibehörde“ aus dem Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung, MELUND.
Dass gerade in Schleswig Holstein die Regierung (genau dieses Ministerium und diese Behörde) mit dem Landessportfischerverband Schleswig Holstein die Finanzierung einer Anglerstudie aus Mitteln der Fischereiabgabe mit verhindert hat (dieses Geld wäre eben NICHT dem LSFV-SH zu Gute gekommen), berichtete Lars Wernicke über Netzwerk Angeln:
Schleswig Holstein: Regierung und Verbände verhindern Studie zu Angeltourismus
Netzwerk Angeln weiss natürlich nicht, ob ein direkter Zusammenhang zwischen der „freundlichen“ Mitfinanzierung des Landessportfischereiverbandes Schleswig Holstein durch die Landesregierung über die Fischereiabgabe und der "Willfährigkeit" des Verbandes gegenüber der Regierung in Schleswig Holstein besteht.
Dass aber gerade dieser Landesverband nicht durch übergroßen Einsatz für Angler, Angeln und Anglerschutz öffentlich auffällt (Stichworte: (nicht vorhandener) Kampf gegen Baglimit, Angelverbote etc.), das dürften wohl Angler nicht nur in Schleswig Holstein auch bestätigen können.
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt?
Netzwerk Angeln bleibt dran
Unabhängig von der aktuellen Lage mit dem aufgehobenen Angel- und Fischereiverbot für Blankaale in der schleswig – holsteinischen Elbe arbeitet die EU weiterhin daran, Konzepte und Regularien zum Aalschutz zu erarbeiten und umzusetzen.
In wie weit Angler in Deutschland betroffen sein werden und wie sich die Verbände dazu verhalten werden, werden wir im Auge behalten und berichten.
Thomas Finkbeiner
Anhang
Nachfrage der Redaktion Netzwerk Angeln beim Landesfischereiverband Schleswig Holstein
Sehr geehrter Herr Präsident Heldt,
sehr geehrte Herren Dr. Bohn und Vollborn,
sehr geehrter Herr Röther,
sehr geehrte Damen und Herren,
ich würde mich freuen, wenn Sie für unsere Recherchen zum veröffentlichen den einstimmig auf ihrer Jahreshauptversammlung 2018 genehmigten Vorschlag (siehe http://www.lsfv-sh.de/startseite/einzelansicht/?tx_news_pi1%5Bnews%5D=120&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&cHash=0d0e59cc1d67ce0d06aceae1e0b84aea) an das Ministerium (MELUND) bezüglich der Allgemeinverfügung zur Einschränkung der Ausübung der Aalfischerei gemäß § 7 der Landesverordnung über die Ausübung der Aalfischerei zusenden könnten.
Gerne als PDF und wenn es geht bis zum 14. 12. 2018.Ich bedanke mich für Ihre Bemühung und verbleibe hochachtungsvoll,
Thomas Finkbeiner