Der politische Stand zum Rückwurfverbot Dorsch
Aufgrund der Eingliederung der Angler in die gemeinsame Fischerei Politik der EU (GFP) gelten die EU-Verordnungen laut EU für die Fischerei auch direkt und unmittelbar für Angler.
Somit droht deutschen Anglern, dass sie künftig (ab 2019) in den Meeren der EU untermaßige Fische bestimmter Arten töten müssen. Betroffen sind quotierte Arten auf deren Bestand Angler Einfluss haben sollen (z.B. unter anderem bei Wolfsbarsch und Dorsch, für Dorsch (für die westliche Ostsee) gilt das eigentlich schon seit 2017).
"Schuld" daran ist der Artikel 15 der EU-Verordnung 1380/2013.
Die EU und das in Deutschland zuständige Ministerium, das Bundeslandwirtschaftsministerium unter Julia Klöckner, haben hier aber einen klaren Dissens und komplett unterschiedliche Ansichten.
Denn das Ministerium negierte einfach die klare Ansicht und Aussage der EU. Obwohl EU-Verordnungen unwidersprochen unmittelbar und direkt gelten. Und somit auch deutsche Angler betrifft laut Aussage der EU.
Auch die Nachfrage von Jan Korte (parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion der LINKEN im Bundestag) beim Ministerium brachte kein anderes Ergebnis.
Jan Korte wollte wie Netzwerk Angeln wissen, was das Ministerium aktiv unternehmen will, um die deutschen Meeresangler davor zu schützen, untermaßige Dorsche töten zu müssen und dann nicht einmal verwerten zu dürfen.
So war dann auch die Aussage des Ministeriums gegenüber Netzwerk Angeln:
Dass man das anders sehe als die EU.
Aber auch keinerlei konkrete Aussage dazu, was man tun wolle.
Da sich Netzwerk Angeln nicht einfach mit solchen Aussagen eines Ministeriums oder eine Behörde zufrieden gibt, haben wir dazu die fischereipolitischen Sprecher der beiden Regierungsfraktionen befragt. Denn damit kommt diese Frage wieder von der reinen Ausführungsebene in Ministerium und Behörde zurück in die Politik, ins Parlament.
Der Ablauf bisher
Diesen ganzen Ablauf haben wir euch hier aufgelistet zum nachlesen:
- Wir fragen die EU-Direktorin: Rückwurfverbot für untermaßige Fische im Meer (z. B. Dorsch in der Ostsee)
- EU plant umfangreiche Überwachung für Meeresangler
- Meeresangeln am Scheideweg: Entschließung des Europäischen Parlaments zum Sachstand der Freizeitfischerei in der Europäischen Union
- EU: Angler müssen untermaßige Dorsche töten - dürfen sie aber nicht essen!
- EU und BRD im Clinch wegen töten untermaßiger Dorsche. Die Antworten sind da.
- Rückwurfverbot untermaßiger Dorsche - Jetzt Koalitionsthema?
Antworten der Koalitionsfraktionen
Sowohl Herr Dr. Michael von Abercron für CDU/CSU wie auch Herr Johann Saathoff für die SPD beantworteten unsere Fragen.
Dafür bedanken wir uns herzlich.
Beide Antworten sind im Anhang (von Abercron [Anhang1], Saathoff [Anhang 2] zu finden.
Johann Saathoff (SPD) hat zudem in einer Parlamentsdebatte nach unserer Nachfrage auch das Thema im Bundestag angesprochen und eingebracht, wie uns freundlicherweise sein Büro mitgeteilt hat.
Herr Saathoff hatte dazu ja auch im Bundestag bereits geredet, im Video ab ca. Minute 3.00:
Das ist noch wichtiger:
Beide Abgeordnete sprachen sich uns gegenüber eindeutig und klar gegen das unmittelbar und direkt geltende Rückwurfverbot aus der EU-Verordnung, Art. 15 der VO 1380/2013, aus!
Da sie als zuständige Sprecher gefragt wurden, sollte dies dann für die jeweilige Fraktion gelten.
Das zuständige Bundeslandwirtschaftsministerium unter Ministerin Julia Klöckner negiert bis dato immer noch einfach die Gültigkeit der EU-Verordnung, ohne konkrete Maßnahmen zu benennen oder zu ergreifen um das Rückwurfverbot für Angler zu verhindern.
Daher sind solche klaren Aussagen aus den Koalitions/Regierungsfraktionen umso wichtiger!
Spannend dabei: Beide Sprecher sind in ihren Antworten an uns für Ausnahmeregelungen für Angler, welche das Ministerium ja ablehnt.
Allerdings stellt sich da die Frage, wie die fischereipolitischen Sprecher von Abercron (CDU/CSU) und Saathoff (SPD) von der der Regierungskoalition im Parlament dafür sorgen wollen, dass das Ministerium im Sinne der Angler und der Koalitionsfraktionen auch aktiv tätig wird.
Auch dies haben wir wortgleich bei beiden Bundestagsabgeordneten nachgefragt [Anhang3].
Jetzt ist die Politik am Zuge in Sachen „Verhindern des Rückwurverbotes“!
Auch der DAFV hatte bisher in seinen Veröffentlichungen immer nur auf Gespräche mit dem Ministerium hingewiesen, statt konkret nachzuhaken.
Netzwerk Angeln ist froh, das Thema zurück auf die politische Bühne gebracht zu haben und wir hoffen nun, dass den Worten der zuständigen Sprecher der Regierungsfraktionen nun endlich auch Taten folgen werden. Welche vom Ministerium im Sinne der Angler nun auch folgen müssen. Denn laut EU gilt die Verordnung bezüglich Dorsch ja seit 2017. Und bis heute hat weder Ministerium noch die Fraktionen dazu etwas im Sinne der Angler erreichen können.
Jedenfalls können Angler froh sein, dass Netzwerk Angeln von den fischereipolitischen Sprechern beider Regierungsfraktion eine so eindeutige Antwort pro Angler und Angeln und gegen das EU-Rückwurfverbot erhalten hat.
Interessant wird jetzt zu beobachten, in wie weit die Koalitionsfraktionen und damit auch das Parlament in der Lage sein werden, die Regierung nicht nur zu kontrollieren, sondern auch zu aktivem Tun und Handeln im Sinne der Angler zu treiben.
Sobald wir in der Redaktion von beiden Abgeordneten eine Antwort oder Absage haben und (falls notwendig) entsprechende Nachfragen wiederum beantwortet worden sind, werden wir unsere geneigten Leser wieder informieren.
Netzwerk Angeln wird also weiter dran bleiben und berichten.
Thomas Finkbeiner
Anhänge
Anhang 1
Antwort von Dr. Michael von Abercron, zuständiger Sprecher der Fraktion der CDU/CSU im Bundestag
Sehr geehrter Herr Finkbeiner,
ich erachte ein Rückwurfverbot für Angler als gar nicht sinnvoll. Ich kann die grundlegende Idee eines Rückwurfverbots sehr gut verstehen. In der Berufsfischerei, wo einzelne Fischereifahrzeuge tonnenweise Fisch aus dem Meer ziehen, sorgt das Rückwurfverbot für mehr Nachhaltigkeit. Dort werden die Netze aber auch lange geschleppt und die Fische habe keine Überlebenschance. Beim Angeln ist das ganz anders.
Als aktiver Angler weiß ich sehr gut, dass der untermaßige Kabeljau überlebt, wenn man ihn zurücksetzt. Das pauschale Rückwurfverbot geht nicht auf die Besonderheiten des Angelns ein. Deshalb bin ich dafür, dass es für das Angeln eine Ausnahmeregelung geben soll, genau wie in der Krabbenfischerei. Die Überlebensraten der Fische beim Angeln sind meiner Meinung nach wissenschaftlich ausreichend nachgewiesen und rechtfertigen eine Ausnahme.Ich bin mir mit meinem SPD-Kollegen Johann Saathoff darin einig, dass Deutschland sich in Brüssel dafür einsetzen muss, dass es kein Rückwurfverbot für Angler geben darf.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Michael von Abercron
Mitglied des Deutschen Bundestages
Anhang 2
Antwort von Johann Saathoff, zuständiger Sprecher der Fraktion der SPD im Bundestag
"Sehr geehrter Herr Finkbeiner,
ich erachte ein Rückwurfverbot für Angler als gar nicht sinnvoll. Ich kann die grundlegende Idee eines Rückwurfverbots sehr gut verstehen. In der Berufsfischerei, wo einzelne Fischereifahrzeuge tonnenweise Fisch aus dem Meer ziehen, sorgt das Rückwurfverbot für mehr Nachhaltigkeit. Dort werden die Netze aber auch lange geschleppt und die Fische habe keine Überlebenschance. Beim Angeln ist das ganz anders. Als aktiver Angler weiß ich sehr gut, dass der untermaßige Kabeljau überlebt, wenn man ihn zurücksetzt. Das pauschale Rückwurfverbot geht nicht auf die Besonderheiten des Angelns ein. Deshalb bin ich dafür, dass es für das Angeln eine Ausnahmeregelung geben soll, genau wie in der Krabbenfischerei. Die Überlebensraten der Fische beim Angeln sind meiner Meinung nach wissenschaftlich ausreichend nachgewiesen und rechtfertigen eine Ausnahme.
Ich bin mir mit meinem CDU-Kollegen Michael Abercron darin einig, dass Deutschland sich in Brüssel dafür einsetzen muss, dass es kein Rückwurfverbot für Angler geben darf.
Mit freundlichen Grüßen
Johann Saathoff, MdB"
Anhang 3
Die gleichlautende Nachfrage an beide Politiker, Antwort (Saathoff) bzw. Antwort auf weitere Nachfrage (von Abercron) stehen noch aus
Sehr geehrter Herr [...] ,
danke für die Antwort.
Dazu hätte ich eine Nachfrage:
Wenn sich die Fachpolitiker der Koalition einig sind, dass etwas unternommen werden muss, was unternehmen sie dann, um das Ministerium (BMEL) zu bewegen, etwas zu unternehmen. Denn in der Antwort an uns schrieb das Ministerium, dass sie nichts unternehmen wollen.Mit freundlichen Grüßen, Thomas Finkbeiner
Kommentare
Mir scheint, dass das BMEL hier auf dem "besten" Wege ist,(mal wieder) unqualifizierten Bockmist zu fabrizieren.
Man fasst sich angesichts solcher "Kompetenz" echt nur noch verwundert an den Kopf..
Wenn beim Dorschmanagement eines nachhaltig ist, dann der damit verbundene Murks..hilft dem Dorsch ungemein, nicht?