Bei meinen Angelkumpels bin ich (unter anderem) wegen einer Macke gefürchtet: Ich liebe Köderexperimente und habe ein Faible für alles, was bestialisch stinkt!
Denn ich bin überzeugt, dass Fische dieses Faible mit mir teilen.
In Anlehnung an ein Zitat des römischen Dichters & Satirikers Martialis (ca. 100 n. Chr.):
"Lieber soll er nach nichts, als lieblich riechen".
Nun sind Angler generell nicht zimperlich bei dem, was sie so auf den Haken stecken, aber es gibt Köder & Lockstoffe, die auch hartgesottene Fischer erschaudern lassen.
Ich habe nachfolgend einige "Köder des Grauens" zusammengestellt. Diese Liste ist alles andere als abschließend. Wir bitten sogar ausdrücklich darum, dass Ihr uns auch eure High-Miefs präsentiert.
Vergorene Partikel
Als Erstes fallen mir zu diesem Thema die diversen Eimer ein, die auf der Terrasse und im Keller stehen. Friedfische lieben gekochte Partikel (hier im Foto: Mais, Weizen & Hanf). Aromatischer werden sie weniger durch Duftzusätze, sondern am besten, wenn der Mix ordentlich gären darf.
Je länger, desto pfui & fang!
Ein jeder sollte den einzig wichtigen Tipp dabei kennen: die Körner müssen immer von Wasser bedeckt sind, sonst schimmeln die Partikel.
Der weiße Schaum, der sich dann an der Oberfläche bildet ist kein Schimmel, sondern ausflockendes Eiweiß und kann drauf bleiben.
Längst haben fast alle gelernt, dass man den Bottich solange stehen lässt, bis sich das Kochwasser in dicken Schleim verwandelt hat und ein ordentlich säuerlicher Geruch dem Eimer entfleucht.
Manche Friedfischspezies lassen die Partikeltonne aber auch deutlich länger 'reifen und arbeiten'. Irgendwann, nach Monaten, oft kriecht dann doch langsam ein dunkler Schimmel weit in die Flüssigkeit runter, verwandelt sich dieser Gär-Geruch in den von länger in der Sonne brodelnder Kotze.
Genau jetzt soll der Mix seine beste Lockwirkung haben.
Flüssiges Allerlei - pürierte Maden, Leber, Fischsuppe & Blut
Die meisten Angler wissen gar nicht, dass die heimische Küche fantastische Anglerwerkzeuge beherbergt: der Mixer und der Pürierstab sind des Lockstoff-Kochs beste Freunde.
Pürierte Maden oder Würmer sind ein großartiger Futterzusatz. Nahezu alle Fische fliegen drauf. Man gibt noch etwas Wasser oder Alkoholika (Ouzo, Jägermeister, Rum,…) zum Verflüssigen hinzu, das Gesamtergebnis gibt dem Futter fantastisch neue Aromen.
Der Mixer macht aus Maden einen vorzüglichen Maden-Locksaft
Hühnerleber und ganze Fische dürfen so lange Karussell fahren, bis sie sich in ein wunderbares Liquid verwandelt haben, welches Aale besser anspricht als jedes Flavour aus dem Angelfachgeschäft.
Diese Suppe lässt sich pur natürlich nur im Nahbereich mit einer Kelle füttern, was eine herrliche Riesensauerei ist. Wer das einmal gemacht hat, weiß warum Stipper, die früher oft mit Blut angefüttert haben, eine grobe Schürze angelegt hatten und wie Schlachter aussahen. Man kann die Pampe aber mit Panier- & Maismehl andicken, so dass sie ein paar Meter raus geworfen werden kann.
Schon im uralten Blinker-Sonderheft "Köder" wurde die Praxis des Angelns mit Blut & Eingeweiden erläutert
Man wählt zum Einsatz des Küchenmixers am besten einen Tag, an dem die liebe Familie ausgeflogen ist und reinigt ihn anschließend so peinlich-gründlich, dass niemand merkt, wie er zwischenzeitlich anglerisch entweiht worden ist.
Der Herings-Wurm
Selbst dem urtümlichsten aller Angelköder, dem Wurm, kann ein verstärktes Bouquet verpasst werden. Einige Angler schwören auf Honig, Lebertran oder Thunfischöl als Beigabe in die Wurmdose. Sauereien für Anfänger.
Probier doch mal die Note ‚fischig’: einen Hering oder eine Sardine ein paar Tage in einer Plastiktüte an einem warmen Ort ‚reifen’ lassen. Dann den Kadaver (schnell!) im Wurmeimer verbuddeln und 48 Std. auf das Gewürm wirken lassen.
Die Aale werden es lieben! Die Nachbarschaft weniger.
Die Ammoniakbombe
Würmer pimpen? Das geht natürlich auch mit Maden, Mehlwürmern & ähnlichen Krabblern.
Ich habe nie verstanden, warum manche Angler Maden reinigen. Gerade der leichte Ammoniak-Geruch lockt Fische durchaus an; Karpfen & Barbe mögen es auch eine Stufe härter und stehen auf Gerichtsmedizin-Flavour.
So baust du dir eine Köder-Stinkbombe:
Maden durch tiefkühlen töten (mind. 72Std. im Gefrierfach/-schrank), besser aber durch überbrühen mit kochendem Wasser killen und dann erst einfrieren; bei dieser Methode bleiben sie einen Tacken fester. Wieder auftauen, anschließend weit von allen Personen, welche noch positive Empfindungen für dich haben, reifen lassen.
Die Geschwindigkeit des Verwesungsvorgangs wird stark von Temperatur und Sonnenintensität beeinflusst. Nach 5-7 Tagen geben die Leichen einen stechend-süßlichen Geruch von sich und sollten schnellstmöglich zum Einsatz als hervorragender Aal- oder Karpfenköder kommen. Sie halten weniger gut als lebende Maden am Haken, aber der Futterplatz ist umso attraktiver, je mehr Friedhofsaromen verströmen.
Maden steif gefroren aus dem Gefrierschrank
Nach 1 Tag in der Sonne
Einsatzbereit nach rund 5 Tagen Verwesung
Hardcore-Lockstoffe zum Angeln
Natürlich bietet der Fachhandel ein Sammelsurium von kurios bis widerlich-penetrant riechenden Lockstoffen, Dips und Futterzusätzen an.
Stellvertretend für viele andere hab ich mal ein paar aus meinem Sammelsurium zusammen gekramt:
Eine Geschmacksrichtung wie Banane-Fisch ist nicht wirklich ekelig, für menschliche, nichtschwangere Sensoren aber irgendwie verstörend. Fische kennen dieses Mimimi nicht.
Top Secrets AALKILLER und KNOBLAUCH-POWERBAIT haben richtigen Kultstatus.
Bei dem Dealer meines Vertrauens stand ein Schild vor den ZAMMATARO-Flüssigaromen, "Nicht im Laden öffnen!" Er wusste warum; fällt ein geöffnetes Töpfchen 'FISCH' oder MEGA-LEBER' um, kann man die Bude für eine Grundreinigung dicht machen.
Mit PIKE-STRIKE v. Dynamite Baits ist auch dem frischesten KöFi eine schmierige, widerliche Lockschicht aufzutragen.
Die Produzenten haben den Trend zu Ekel-Ködern erkannt und bezeichnen ihre Kreationen sogar mit entsprechend kreativen Produktnamen.
Meine Favoriten für Mega-Stinker mit gelungener Namenschöpfung sind die Flavour: ‚MONSTER-KOT-ZE’ und ‚BETWEEN THE LEGS’ von Klaus Broxtermann.
Leider sind sie nicht mehr im Handel erhältlich.
Aber auch aktuell locken Köderküchen nicht nur mit extremen Aromen,sondern werben für ihre Produkten auch mit genialen Bezeichnungen.
Beispiele für aktuell führende, fantastische Kombinationen von Inhalt und Image:
Meine Top 3 Köder des Grauens
Geflügeldärme!
Manche haben davon gehört, ich kenne wiederum niemanden persönlich, der Geflügeldärme (hier vom Huhn) tatsächlich als Wels- oder Aalköder nutzt.
Frisch kommen sie geruchlich nicht ansatzweise an die beiden nächsten Stinker heran, trotzdem schlägt der Ekelfaktor bei mir nahezu alle anderen Köder.
Und lässt man sie -wie den Tintenfisch- erst mal ein wenig 'angehen', ist es kaum noch vorstellbar, dass Fische diesem Grauen tatsächlich erliegen.
Aber vergammelte Geflügeldärme sollen als Köder wirklich gut funktionieren.
Wer damit Erfahrung hat, berichtet uns bitte davon.
Vergammelter Tintenfisch!
Der Liebling aller Wallerangler:
Ob Calmar oder Pulpo, der Tintenfisch ist bekanntlich ein toller Welsköder.
Nicht nur, weil seine Tentakeln verführerisch in der Strömung spielen und Tintenfischstücke/Tentakeln im Wurmbündel das Abfressen der Würmer durch Weißfische verhindert,
sondern auch durch den Gestank, den er verbreitet, wenn man ihn lang genug ‚reifen’ lässt.
Spezialisten verwenden mehrere Wochen oder Monate(!) alten, vergammelten Tintenfisch.
Diese Calarami warten bereits geschlagene 6 Monate auf ihren Einsatz (Foto: Anton Keidel)
Schlau ist, ihn bereits vor der Verwesung am Vorfach zu montieren, denn eine nachträgliche Anköderung ist ohne Erbrechen fast unmöglich.
Achte bei der ‚Reifung’ unbedingt darauf, dass der Racker sich nicht durch zu viel Sonneneinfluss wortwörtlich verdünnisiert.
Er wäre dann allenfalls nur noch als Köderfisch-Injektions-Emulsion zu gebrauchen (kein Scherz, es gibt Freaks, die machen das wirklich).
Friere vergammelte Tintenfische keinesfalls wieder ein, falls man doch nicht zum Fischen kommt; jegliches anderes Gefriergut nimmt samt Verpackung den Geruch an; das kann ich durch eigene Erfahrung bestätigen, musste eine komplette Gefrierschrank-Ladung Lebensmittel wegschmeißen, weil der bereits angegammelte Pulpo absolut alles mit seinem Gestank angesteckt hat, und das obwohl er 4fach verpackt war, inkl. dichte Schraubgläser.
Übrigens ist es ratsam, bereits vorab einen guten Scheidungsanwalt zu konsultieren, falls der Reifevorgang im heimischen Garten angegangen wird.
Buttersäure!
Eine olfaktorische Steigerung ist tatsächlich noch möglich:
Deine Nachbarn haben dich noch nie verklagt? Das lässt sich ändern.
Während manche Barbenangler schon immer auf einen Teig mit ranziger Butter schwören, gehen die Barbenfanatiker den entscheidenden Schritt weiter und verarbeiten reine Buttersäure in Futter & Teig.
Auch manche Boilieproduzenten verarbeiten sie als Flavour in ihrem Mix; ca. 5-10ml auf 1kg Masse). Und natürlich ist Buttersäure auch in einigen der zuvor genannten Markenprodukte enthalten.
Wer so ein Fläschchen einmal -unbedingt im Freien!- geöffnet hat, lernt warum Butansäure (das ist der wissenschaftliche Name von C4H8O2) zur Wildabwehr von Fuchs, Marder, Maulwurf und Ratte eingesetzt wird, Fliegen aber enorm anzieht.
Es stinkt extrem(!) nach Erbrochenem und kann schlagartig den Auswurf von solchem bewirken!
(Falls deine Neugier größer als dein Ekelempfinden ist: achte bei der Verarbeitung auf die Sicherheitshinweise!)
Man kommt übrigens gar nicht so einfach an das Zeugs ran. Die Apothekerin hier im Dorf weigerte sich tatsächlich es für mich zu bestellen, obwohl meine durch und durch seriöse Optik doch klar verspricht, dass ich damit nicht den Wagen des Liebhabers meiner Frau parfümieren werde.
Bei ebay fand ich dann das Fläschchen.
Ich habe es nach einer extrem kurzen Geruchsprobe nie wieder geöffnet.
Hilfsmittel bei der Handhabung von stinkenden Ködern
Wenn du meine persönlichen Top 3 der perversen Köder tatsächlich anwenden willst, bieten sich Hilfsmittel geradezu an:
Einmal- oder Gummihandschuhe halten Ekel-Gestank von den Händen fern.
Ein Handtuch gehört sowieso zu jedem Angeltrip hinzu.
Alter Pathologie-Trick: um Gestank wenigstens etwas zu übertünchen, Erkältungssalbe über die Oberlippe schmieren.
Viel Spaß beim experimentieren mit den Ködern des Grauens!
Kommentare
Du hantierst doch wohl nicht wirklich mit dieser Kotze?
Wenn doch, musst Du völlig vereinsamt sein