kormoran verordnung nrw teaser

 

Die neue Kormoranverordnung in Nordrhein-Westfalen

Momentan wird die seit 22. Juni 2018 geltende neue Kormoranverordnung für NRW viel diskutiert.

Während einige Naturschutzverbände wie BUND und NABU die Verordnung scharf kritisieren, lässt sich ein anderer „Naturschutzverband“, der Fischereiverband NRW feiern (nur anerkannt nach Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz )
(Statement Verband)

Dr. Michael Möhlenkamp, Geschäftsführer des FV NRW:

„Viele Jahre sachlicher Argumentation tragen nun Früchte."

Dass es nun eine Verordnung gibt, die ähnlich dem „Äschenschutzerlass“ aus 2014 und dem davor geltenden Kormoranerlass zumindest theoretisch einen Kormoran-Abschuss möglich macht, hat aber wohl eher vorrangig einfache politische Gründe und ist nicht der Arbeit des Verbandes geschuldet.

Die Parteien der neuen Landesregierung in NRW (CDU / FDP) hatten ja bereits im Koalitionsvertrag angekündigt eine neue Kormoranverordnung erlassen zu wollen, und mussten nun auch liefern.

Die heimischen Fischbestände müssen besser geschützt werden.
Dazu soll unter anderem eine neue Kormoranverordnung dienen.

Quelle: Koalitionsvertrag für Nordrhein-Westfalen, Seite 88

Bei genauer Betrachtung müsste es eigentlich genau umgekehrt sein. NABU und BUND könnten mit der neuen Verordnung durchaus zufrieden sein. Der Abschuss von Kormoranen wurde zwar wieder grundsätzlich gestattet, ist aber immer noch an viele zu erfüllende Voraussetzungen gekoppelt. Kormorane in Nordrhein-Westfalen können also wohl auch künftig relativ gefahrlos wertvolle Fischbestände vernichten.

Bereits vor dem „Äschenschutzerlass“ gab es juristischen Streit um die Kormoranbejagung. Der NABU klagte gegen die Kormoranverordnung der damaligen schwarz-gelben Regierung und gewann vor dem Verwaltungsgericht in Köln (zum Urteil).

Der NABU hatte dazu seine eigene Sichtweise:


Mit dem Anfang 2008 in Kraft getretenen so genannten Kormoranerlass wurden die Abschussmöglichkeiten für Kormorane nochmals ausgedehnt: Hiernach durfte der Vernichtungsfeldzug auch in Naturschutzgebieten geführt werden. In den Jahren 2006 bis 2010 wurden allein aufgrund der Kormoranverordnung und des Kormoran-Erlasses über 15.000 Kormorane in NRW getötet.
Nach Auslaufen des Kormoranerlasses Ende März 2010 wurden keine Kormorane mehr in NRW geschossen. Das hat sich mit dem seit Mai 2014 in Kraft getretenen "Erlass zum Schutz der heimischen Äschenbestände und zur Abwendung erheblicher fischereiwirtschaftlicher Schäden durch den Kormoran" wieder geändert.

Entgegen des vorherigen Kormoranerlasses und des danach bis 2017 gültigen Äschenschutzerlasses muss der Gewässerpächter nun zwar keinen Antrag auf eine Genehmigung zur letalen Vergrämung (Abschuss) mehr stellen, die Voraussetzungen für die Kormoran-Bejagung sind aber weiterhin sehr eng gefasst.

Dazu 2 Zitate aus dem Statement vom Landesjagdverband NRW:


Die Freigabe von Kormoranen beschränkt sich auf solche, die sich auf, über oder näher als 250 Meter an einem stehenden oder fließenden Gewässer oder einer im Haupt- oder Nebenerwerb betriebenen Anlage zur Fischzucht oder Fischhaltung nach § 1 Absatz 2 und 3 des Landesfischereigesetzes befinden.

 

 

Ausgenommen sind Kormorane in einem befriedeten Bezirk (außer in eingefriedeten Anlagen zur Fischzucht oder Fischhaltung), in einem Nationalpark, einem Naturschutzgebiet oder in einem Natura 2000-Gebiet, an oder auf einem Privatgewässer, sofern die nutzungsberechtigten Personen ihr Einverständnis zum Abschuss nicht schriftlich erklärt haben.

Die Bereiche um viele Gewässer wurden mittlerweile zu entsprechenden Schutzgebieten erklärt.
Wer sich das einmal im Detail ansehen möchte, dem sei die Schutzgebiete-Karte des Bundesamt für Naturschutz empfohlen.
Nur ein geringer Prozentsatz der Gewässer liegen in "Nicht-Schutzgebieten", für die es keine zusätzliche Ausnahmegenehmigung brauchen würde.

Ausnahmegenehmigungen sind grundsätzlich zwar möglich (über § 8 KormoranVO NRW nach § 45 (7) Nr. 1 + 2 i.V.m. § 44 (1) Nr. 1-3 BNaturSchutzG ). Die werden aber ja nicht von der Politik vergeben, sondern von Beamten der unteren Naturschutzbehörde.

Wie „gut“ das in der Vergangenheit mit den Beamten der rot-grünen Regierung in NRW mit Remmel als Umweltminister funktionierte, hat der Landesfischereiverband Westfalen und Lippe e.V. in seinem Jahresbericht 2016 deutlich dokumentiert:


Obwohl die Genehmigung der Anträge eigentlich unbürokratisch erfolgen sollte, fallen den Landschaftsbehörden immer neue Gründe ein, Forderungen zu stellen und die
Genehmigungen der Anträge hinauszuzögern.
So hat die Untere Landschaftsbehörde des Kreises Unna einen Antrag mit dem Argument abgelehnt, dass der Antragsteller nur einen einzigen Jagdberechtigten vorweisen konnte, der bereit war, die Vergrämungsmaßnahmen umzusetzen.

Dass in NRW durch mehrere Legislaturen mit grüner Regierungsbeteiligung auch in Behörden mehr den GRÜNEN nahestehende Personen zu finden sein könnten, als in nicht-GRÜN-regierten Ländern, darf man annehmen.
Ob also weiterhin eher Kormoranschutz statt Kormoranreduktion die Handlungen in den Behörden in NRW bestimmen?


Kormoranverordnung und Erfahrungen in Baden-Württemberg

Die Problematik um großflächige Schutzgebiete und nicht erteilte Abschussgenehmigungen ist auch in anderen Bundesländern allgegenwärtig.
So musste man auch in B-W die Erfahrung machen, dass praktisch keine Ausnahmegenehmigungen erteilt werden für den Abschuss in NSG, Natura2000-Gebieten etc. (bzw. wenn doch, dann so verzögert, dass die Kormorane dann wieder weg waren und das nächste Gewässer plünderten).

Während in NRW die GRÜNEN „nur“ Juniorpartner in der Landesregierung waren, stellen sie in Baden-Württemberg den Ministerpräsidenten. Und die CDU ist nur der Juniorpartner der Koalition. Die Verbindung der GRÜN-schwarzen Regierung in Baden-Württemberg zum übertriebenen Vogelschutz wird auch deutlich, wenn man weiss, dass der Staatssekretär im Umweltministerium, Dr. Baumann, vorher NABU-Chef in Baden-Württemberg war.

Dass hier eher der Kormoran eine Chance bekommt, als bedrohte Fischarten, um das zu vermuten, muss man sicher nicht böswillig sein (siehe auch dazu Aussage Baumann, der nicht versteht, wieso Kormorane getötet werden müssten.)

Auch in Baden-Württemberg scheinen also in allen Behörden eher dem NABU und den GRÜNEN nahestehende Menschen zu sitzen, als Freunde bedrohter Fischbestände.

Auch das in B-W die grundsätzliche Möglichkeit besteht, OHNE Jagdschein Kormorane zu erlegen, wird von diesen Behörden weder groß publiziert noch gefördert. (Quelle: https://im.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-im/intern/dateien/pdf/Hinweise_IM_Vollzug_Waffenrecht_Anlagen_1_bis_5.pdf )

Dass der Fischereiverband in Baden-Württemberg ausserdem eine Klage gegen das Land Baden-Württemberg zurückzieht, weil man (ausgerechnet) Angler erst mal beim Kormoran zählen schulen will (siehe Artikel hier), das zeigt auch, dass hier wenig Widerstand vom Naturschutzverband der organisierten Sport- und Angelfischerei, dem Landesfischereiverband Baden-Württemberg, zu erwarten ist.
Dessen Präsident von Eyb regiert als CDU-Landtagsabgeordneter ja unter GRÜNEN und NABU-Staatssekretär im Umweltministerium mit, ob es daran liegt?


Kormoranverordnung und Erfahrungen in Bayern

Will man aber die Reduktion und Vergrämung und damit Abschüsse von Kormoranen ernsthaft fördern, muss man mindestens eine einfache(re) Verordnung wie in Bayern auf den Weg bringen.

Und Behörden und Beamte haben, die das dann auch so umsetzen.

Man kann ja für Bayern annehmen, dass weniger „grün-angehauchte“ Beamte in Behörden sitzen, wenns um Ausnahmegenehmigungen geht.

In Bayern ist daher auch anscheinend die Jagd auf Kormoran relativ problemlos gegenüber B-W oder (vielleicht zukünftig) NRW:
(Quelle:http://www.argefa.org/sites/default/files/publikationen/pdf/Kleine_Kormoranbroschuere_2._Auflage_komprimiert.pdf )


Außerhalb von Nationalparks, Naturschutzgebieten und Europäischen Vogelschutzgebieten:
• ganzjährige Abschussmöglichkeit für Jungvögel;
• verlängerte Abschussmöglichkeit für nicht brütende Altvögel vom 16. August bis 30. April;
• Abschussmöglichkeit an Schlafbäumen;
• Möglichkeiten zur Verhinderung neuer Brutkolonien und zur Reduzierung bestehender Brutkolonien außerhalb der Eiablage.

Innerhalb von Naturschutzgebieten und Europäischen Vogelschutzgebieten:
• Anpassung der Abschusszeiten für die Zeit der allgemeinen Wasservogeljagd, soweit nicht die Jagd ruht; ggf. unter Beachtung notwendiger Ruhezonen für Wasservögel;
• in Vogelschutzgebieten außerhalb der Ruhezonen für Wasservögel Abschussmöglichkeit bis 14. März;
• Abschussmöglichkeit auch an Schlafbäumen, soweit der Abschuss sonst zugelassen ist;
• Möglichkeiten zur Verhinderung neuer Brutkolonien und zur Begrenzung bestehender Brutkolonien im Einvernehmen mit den Naturschutzbehörden.

Es zeigen sich also trotz ähnlich lautender Verordnungen und Gesetze in den genannten Ländern, wie unterschiedlich die Ausführung sein kann.
Je nachdem, wer dann politisch das Sagen hat und somit auch die Behörden besetzt, die das alles umsetzen müssen.


Die Jäger und der Kormoran

Und die Jäger?
Dass man Jäger noch dazu gewinnen muss, die Abschüsse durchzuführen, kommt ja dazu.

Ob da Jäger mitmachen bei evtl. zusätzlichen Kosten bei evtl. notwendiger Entsorgung der geschossenen Kormorane als Sondermüll oder über Tierkörperbeseitigungsanstalten wegen teilweise über 300-fach überhöhter Dioxinwerte (Quelle: http://www.ua-bw.de/pub/beitrag.asp?subid=0&Thema_ID=7&ID=1380&Pdf=No ), wird man auch erst sehen .


Sämtliche Kormoran-Proben überschritten den für Dioxine in Geflügel festgesetzten Höchstgehalt um den Faktor 35 - 100 und den für den Summenparameter aus Dioxinen und dioxinähnlichen PCB festgesetzten Höchstgehalt um den Faktor 112 - 375. (Zieht man die für Geflügelfleisch geltenden EU-Höchstmengen für Pestizidrückstände mit Bezug auf Frischgewicht zum Vergleich heran, würde sich für HCB bei einer Probe, für DDT bei zwei Proben eine Überschreitung der Höchstmenge ergeben).

Die Kosten dafür sind (wie Fischereirecht) Landessache und können auch im Einzelfall geregelt werden. Siehe hier im Dokument .
Wie das im Falle Kormoran,falls es notwendig werden sollte, im einzelnen Bundesland sein wird, ist hier daher nicht abschliessend zu klären.

Wenn man da wie in anderen Publikationen des Öfteren liest, dass man Kormorane ja verwerten könne, ist das angesichts der Zahlen in meinen Augen schon fast versuchte Körperverletzung.

Auch der Landesjagdverband hat in seiner Stellungnahme schon drauf hingewiesen, dass es da auch Probleme mit der Haftpflichtversicherung der Jäger geben kann und seinen Mitgliedern geraten, sich vorher zu informieren (https://www.ljv-nrw.de/inhalt/ljv/aktuelles/aktuelles/neue-kormoranverordnung-/6_26099.html ):


Die Erlegung von Kormoranen (in NRW keine jagdbare Art) im Rahmen der Verordnung ist der befugten Jagdausübung gleichgestellt. Darüber hinaus sollte der Jäger mit seiner jeweiligen Jagdhaftpflichtversicherung klären, ob diese etwaige Haftpflichtschäden, die bei der Erlegung von Kormoranen entstehen übernimmt.


Stimmen zur Kormoranreduzierung national und international, Studie aus Stockholm

Die Universität Stockholm hat eine sehr interessante Untersuchung veröffentlicht zum Thema Prädatoren in der Ostsse – von Otter über Robben bis hin eben auch zu Kormoranen.
Die Wissenschaftler haben nämlich versucht einmal gegenüberzustellen, WER eigentlich die Fische in der Ostsee fängt.

Gerade im Küstenbereich ist die Entnahme durch diese "tierischen" Prädatoren erheblich.

So dass Professor Sture Hansson im nachfolgenden Video dafür plädiert, dass man zum Schutz der Fischbestände auch eine starke Reduktion (bis 75%) unter anderem eben des Kormoranes andenken und umsetzen sollte. Dies würde den Bestand der Kormorane (und anderer Prädatoren) nicht gefährden, aber das miteinander von Prädatoren und menschlichen Interessen leichter machen.

Zur Untersuchung gibt es auch einen kurzen Videoclip der Universität Stockholm:

Die zu Grunde liegende Studie

 

Interessant in dem Zusammenhang auch, dass es in Deutschland auch NABU-Mitglieder gibt, die einsehen, dass es mit dem Kormoran so nicht weitergehen kann. Leider ist diese vernünftige Haltung im NABU eine Minderheitenmeinung – wie so oft, wenn etwas von Praktikern vor Ort kommt.

 

Ab min 28.30 min


"Wir MÜSSEN die Bestände regulieren. Nicht ausrotten, aber auch nicht ins Uferlose auswachsen lassen".

 

Fazit zur Problematik Kormoran und dessen Reduzierung

Das NRW hier eine recht breite und ausgefeilte Verordnung wählt (vergleiche Bayern) zeigt schon deutlich auf, dass man eher annehmen kann, dass die Politik nicht an einer deutlichen Erleichterung der Bejagung von Kormoranen interessiert ist.

Sondern das hier wohl eher eine Beruhigungspille verteilt wurde. Vielleicht ist es tatsächlich dann der Plan, dass man sich (vergleiche B-W) auf Behörden herausredet, die Genehmigungen nicht erteilen, oder dass Jäger das so nicht mitmachen.
Das Urteil, das der NABU hier erstritten hat, spielte dabei sicher auch eine Rolle und hat vielleicht die Politik vorsichtiger agieren lassen, als sie das selber politisch wollten.

Ich hoffe, dass es anders kommt wie ich befürchte.
Aus langjähriger Beschäftigung mit Angelpolitik, Partien, Behörden und Verbänden vermute ich aber, dass meine Skepsis diesbezüglich wieder eher gerechtfertigt sein wird als übergroßer Optimismus…

 

Abwarten und Kormorane beobachten?

Warten wir also ab, wie sich das in NRW entwickeln wird, ob und wie stark Kormorane am Ende in der Praxis reguliert werden.

Ob es wie im grün regierten (mit der CDU als abnickendem Juniorpartner) Baden-Württemberg eher bei Ausnahmen und „Trostpflaster“ bleibt, oder wie in Bayern (ohne grüne Einmischung) durchaus flächendeckend geschieht, dass auch Fischbestände durch Kormoranbejagung geschützt werden können.

Der jetzige Jubel vieler Journalisten, Verbandsfunktionäre und Angler in NRW auf Grund des reinen Verordnungstextes scheint mir jedoch etwas verfrüht.

Die Praxis wirds zeigen.

 

Thomas Finkbeiner

 

 


Wenn Dir dieser Beitrag gefallen hat, teile ihn mit Deinen Freunden:

You have no rights to post comments

Kommentare  

Kormoranverordnung Baden-Württemberg

da steht drinn dass man auch als Fischzüchter in seiner Anlage jagen darf wenn die Voraussetzungen nach § 10 Waffengesetz erfüllt sind und der Jagdpächter es gestattet.
Was nicht drin steht ist, dass man auch eine Schießerlaubnis benötigt die man mit Sicherheit nicht bekommt als nicht ausgebildeter Jäger. Da steht auch drin, man muss einen Sachkundenachweis für das töten von Kormoranen nachweisen. Die Sachkundeprüfung der Fischerprüfung die einem gestattet Wirbeltiere zu töten wird als nicht ausreichend betrachtet. Aber es gibt keinen Kurs und keine Schulung in der man das Töten eines Kormoran lernen kann.
So werden Verordnungen gemacht die nicht das Papier wert sind auf dem sie geschrieben sind.

Verwandte Artikel

Gründung der Interessengemeinschaft  Angelfischerei  Hardt
Jugendfischereischein für Kinder aus dem Ausland