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Es gibt so viele tolle und unterschiedliche Geschichten, wie ein Angler zum Angler wurde. Hier erzählt euch Hans "kati" Kathmann seine Geschichte, wie er zum Angler wurde.


So wurde ich Angler: Hans "kati" Kathmann

Fast alle Angler kommen über praktische Erfahrungen zum Angeln, meist weil sie durch Familienmitglieder oder Freunde am Wasser angefixt werden.
Bei mir war es ein anderer, langer und holpriger Weg.

2Als überzeugter Allrounder ist mein Lieblingsfisch immer der Nächste

Bücherwurm und dämlicher Dieb - so wird man Angler

Als Kind war ich das, was man heute einen Nerd nennen würde, nur gab es damals weder Computer noch Internet (bin Baujahr 1966). Ich war ein Einzelgänger und ein Bücherwurm, habe alles gelesen, was ich so in die Finger kriegte und konnte mich auch in jungem Alter von 10Jahren+ nicht nur für Comics, sondern auch für jedwedes Sachthema interessieren, egal ob Wissenschaft, Geschichte oder Philosophie, ob Mondfahrt oder Karnickelzucht.

Allerdings wechselten meine thematischen Interessen auch ständig, nur bei Tierhaltung, -zucht und Ähnlichem waren sie beständig. Ich hatte ein Aquarium, alle möglichen Kleintiere, meine Eltern hatten immer Katzen und mein Vater züchtete Papageien. So war ich auch sehr häufig in dem einzigen Zoofachgeschäft der Stadt. Die Horrorvorstellungen eines jeden Ladeninhabers: eine Blage, die ständig im Laden rum hing, äußerst selten was kaufen konnte, dafür mit tausend Fragen nervte.

Der Zooladen war zur Hälfte auch Angelgeschäft ...und eine Art Anglerkneipe, denn quasi rund um die Uhr standen alte Männer mit hier auch erhältlichem Flaschenbier am Verkaufstresen und tratschten. Sie waren mir mehr als suspekt. Als ich mal wieder irgendwas kaufen konnte, entdeckte ich beim Bezahlen ein Heft auf dem Tresen und klaute es. Ich glaube & hoffe, so was habe ich nicht allzu häufig gemacht, kann mich zum Glück nicht mehr wirklich erinnern.

Es war ein Angelgerätekatalog; genauer gesagt der DAM Katalog von (ich meine) 1980. Erst daheim stellte ich übrigens fest, dass dieses Heftchen dort zur kostenlosen Mitnahme auslag.
DAM stellte in dem Katalog nicht nur ihr Programm vor, sondern erläuterte in Randstreifen wozu man diese & jene Rute nutzt, wie man verschiedene Fischarten beangelt, etc.

3Auf den Buhnen Norderneys. Eine der seltenen Touren ans salzige Wasser.

Eine völlig fremde Welt, hab natürlich so gut wie nichts davon verstanden.
"Was zur Hölle ist ein Wirbel und wozu braucht man das?"
Tausend weitere offene Fragen. Das Heftchen fesselte mich lange, ich besorgte mir (legal!) ein zwei Angelbücher für Anfänger, viel schlauer machten mich die auch nicht. Ohne dass ich jemals fischend am Wasser war, ohne je einen einheimischen Fisch gefangen oder auch nur gesehen zu haben, stand die Entscheidung eines Tages fest:

Ich werde einen Angelschein machen!

Meine Eltern fielen aus allen Wolken, überhaupt niemand in der Familie war Angler. "Wie kommst du nur auf so was" und "Angeln, das ist doch Mist", konnten mich nicht bremsen. Ein weiter entfernt lebender Onkel war wohl Angler, aber "der angelt doch nie, der ist ein wichtig tuender Verbandsfuzzi, meint große Politik machen zu müssen", so das strenge Urteil meines Vaters. Mein allererster Kontakt mit Angelpolitik!

Irgendwann willigten sie ein, ich machte einen Lehrgang, bestand auch die Prüfung, wurde Mitglied im Verein, kaufte eine Rute und etwas Gedöns ...und hatte zwar durch den Kurs einiges gelernt, aber nach wie vor null Ahnung von der Praxis!
Die Frage, 'was zur Hölle ist ein Wirbel und wozu braucht man das?',
konnte ich immer noch nicht beantworten. Geschweige denn, dass ich angeln konnte.

Aller Anfang war schwer - auch beim Angeln

Im allerersten Jahr habe ich nicht einen Fisch gefangen. Da ich nach wie vor nicht der kontaktfreudigste Typ war, hatte ich auch nicht einen Angler kennen gelernt, der mir mal zeigte, wie man es denn richtig macht. Das kam erst im zweiten Jahr. Ein neuer Schulfreund zeigte dem Theoretiker wo & wie man Fische fängt. Ich lernte übrigens auch endlich, wozu ein Wirbel da ist. Der erste Fang war ein handlanger Barsch aus der Ems.

Nach und nach füllte sich das Artenspektrum, welches ich erwischen konnte. Doch ich war 15, der Punk zog mich in eine ganz andere Welt; Partys, Alkohol, Mädels,... ich ließ das Angeln zwar nicht ganz sein, doch es rutschte in der Prioritätenliste weit nach hinten. Es gibt nichts von Belang zu berichten.

Außer:
ich habe nicht aufgehört übers Angeln zu lesen, Zeitschriftenabos, Bücher, auch englischsprachig,... ich sog alles an Wissen darüber auf, das zu kriegen war. Und: lange bevor der Begriff C&R in Deutschland entstand, setzte ich nahezu alles zurück was an den Haken ging. Für Fisch auf dem Teller konnte ich mich nie wirklich begeistern. Nur meine Mutter freute sich über jede Beute, die ich auch mal mitbrachte. Das ist bis heute so.

4Was für ein Prachtbursche; ich liebe große Brassen!

Ein zweiter Start ins Angelleben

Mitte 20, ich hatte einige Jahre wildes Leben hinter mir, aber auch das Studium fast beendet. Die erste Tochter war schon da und ich lebte in einigermaßen soliden Verhältnissen. Da trat das Angeln wieder mehr in Richtung Vordergrund.  Mit einigen Freunden zog ich oft los, die ersten Fangerfolge, die man auch so nennen konnte, stellten sich ein. Ein Aal von 96cm auf Garnelen vom Krabbenbrötchen, Brassen von über 60cm und gute Schleien wiesen mich in die Richtung, die mir auch jetzt noch am Liebsten ist:
das Friedfischangeln auf die größeren Arten, bevorzugt mit Pose.

Die richtigen Friedfischprofis lernte ich erst viele Jahre später kennen, und das obwohl sie mir mehrmals über den Weg liefen, denn wir hatten damals in meiner Stadt den so ziemlich einzigen Angelladen in Nord- & Westdeutschland, der sich auf das englische Friedfischangeln spezialisiert hatte. Die Jungs von der Specimen Hunting Group Dortmund sah ich dort öfter. Sie waren mir zu der Zeit genauso suspekt wie die Jungs mit den Bierflaschen Jahre zuvor.

Das einzige Foto aus dieser Zeit zeigt mich mit meinem ersten größeren Karpfen, ich meine der hatte so 13Pfund, was vor dem Aufkommen von Selbsthak- & Haarmethode, Boilies & Pieper, schon ordentlich war.

5Leider hatte man Ende der 80er selten einen Fotoapparat dabei - oder hatte evtl. auch gar keinen.

Obwohl mich das langsam nach Deutschland rüber schwappende spezialisierte Karpfenangeln begeisterte, mit an den Haken geknotetes Frolic und Selbsthakmethode bis dahin völlig unmögliche Karpfenfänge gelangen, blieb ich Allrounder. So breit gefächerte Möglichkeiten einengen war nie eine Option. Den ersten kapitalen Hecht von weit über einem Meter verlor ich, weil ich ihn auf Land ziehen musste, da die Billigrolle sich in alle Einzelteile zerlegte. Aber die ganz Großen verliert man eh meistens.

Die unerträgliche Ruhe

Mit 30 kam es zur Trennung von meiner Familie, ich verlor jeden Halt und gab mich zig Jahre den Extremen und Exzessen des Lebens hin. Angeln ging nicht mehr. Ich hab es ein paar Mal versucht, doch die Ruhe am Wasser, die ja eigentlich Therapie vom Alltagsstress sein soll, machte mich erstaunlicherweise wahnsinnig. Ruhe fand ich nur noch im Chaos. Rund 10 Jahre hatte ich mit der Angelei so gar nichts mehr am Hut, sogar das literarische Interesse daran erlosch vollends.

Und noch Mal, dann aber richtig

Als sich Anfang meiner 40er alles so langsam wieder einpendelte, lag ich irgendwann in der Sonne auf der Terrasse und hatte keine Lust auf den Thriller in meiner Hand. Ich folgte einer spontanen Idee, holte mir alte Angelmagazine aus dem Keller und begann zu schmökern. Tags drauf saß ich wieder am Wasser, als wenn ich nie damit aufgehört hätte.

6Meinen ersten Rapfen bekam ich in Bayern verhaftet. Die Freude über den ersten Fisch einer Art ist kaum zu beschreiben.

Die Entwicklung des letzten Jahrzehnts hatte ich in wenigen Monaten aufgearbeitet. Es ist mit allen Dingen, die in meinen zentralen Fokus rutschen so, wenn ich mich in etwas verbeiße, dann auch mit voller Leidenschaft.

Kurze Zeit später machte mich ein wirklich lausiger Artikel über den Kanal vor meiner Haustür so sauer, dass ich beschloss:
"ich werde Angelautor, denn das was ich da lese, kann ich weit besser schreiben".

Gesagt, getan. Ich lieh mir eine Digitalkamera, ging fischen, verfasste einen neuen Gewässerbericht über das gleiche Gewässer und schickte es der Redaktion des Heftes. Die nahm ihn tatsächlich an, veröffentlichte ihn und nahm mich als freien Autor auf.

7Einer der ersten Artikel. Das Schreiben hat meinen Bezug zum Angeln völlig verändert und zu einem zentralen Teil des Lebens gemacht.


Der Rest ist Geschichte. Heute als Redakteur, Autor, Vereinsvorstandsmitglied, frage ich mich, ob ich wohl jemals zu einer Rute gegriffen hätte und auf die Idee gekommen wäre, darüber zu schreiben, wenn ich das Werbeheftchen damals im Zooladen nicht geklaut hätte.

Hans "Kati" Kathmann





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