raubfischangeln talsperre

Seit ein paar Jahren angele ich nun an und auf den Talsperren des Sauerlandes. Der Ruhrverband hat hier einen teils exklusiven Fischbestand etabliert, der auch für Angler außerordentlich reizvoll ist. Unter anderem sind besonders Seeforellen, Alpine Seesaiblinge, Große und Kleine Maränen sowie Blaufelchen zu nennen. Hier ist besonders Fischmeister Markus Kühlmann (ebenfalls Angler) zu nennen, der die Sache mit Engagement vorantreibt.

Die Stauseen sind tief und strukturarm. Gerne fische ich hier mit der Hegene von Boot oder Ufer auf Saiblinge, Barsche und Renken, welche gerne im Freiwasser weit draußen und zuweilen auch sehr tief stehen. Problem ist natürlich immer, die Renkenschwärme erstmal zu finden, aber wenn, dann kann man nicht nur Renken fangen, sondern auch so einige Überraschungen erleben.

Denn Fischschwärme finden die Räuber auch ganz toll und versammeln sich gern um und unter diesen. Besonders praktisch scheinen es Hecht und Co. zu finden, wenn ein Fisch an der Angel zappelt. Und so passiert es regelmäßig, dass die Räuber auf gehakte Fische „einsteigen“. Eben zappelt noch die Renke an der Hegene, schon macht die Rute eine mächtige Verbeugung und die Bremse gerät ans kreischen.

Mein erstes Erlebnis dieser Art hatte ich übrigens bereits als Kind. Ich angelte in einer stillgelegten Tongrube vom Floß aus (hatten wir aus ausrangierten Eisenbahnschwellen gebaut) mit Wurm an einer überfluteten Buschreihe auf Rotfedern. Und als ich die dritte oder vierte an die Oberfläche holte, schoss plötzlich ein Hecht aus der Tiefe und pflückte die Rotfeder vom Haken. Da kamen mir die ersten Gelüste, es mal mit einer Hechtmontage zu probieren …


Eine weitere Erinnerung habe ich ans Blinkern in einer Talsperre. Da dort die Saiblinge entgegen früherer Jahre nicht mehr so recht auf Blinker bissen, galt es mittlerweile als etwas Besonderes, einen mit Kunstköder zu fangen. Und auch ich wollte unbedingt mal eine solchen Erfolg landen. Ich hatte meine Hegene vom Ufer ausgeworfen und meinen Snaps fleißig geworfen, als ich tatsächlich tief draußen einen Fisch hakte. „Saibling“ war sofort mein Gedanke. Je weiter ich aber einkurbelte, desto schwerer machte sich der Fisch. Kurz vor dem Ufer sah ich den Bauch eines ca. 35cm großen Saiblings quer unter Wasser. Dann gab es einen Riesenschwall und der Hecht, der den Saibling gefasst hatte und sich hatte mitziehen lassen, verschwand wieder in der Tiefe. 20cm Kopfbreite – das wär schon ein schönes Tier. Warum beisst der verdammt noch mal nicht „normal“ auf den Blinker, den ich da ständig präsentierte??

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Das „Opfer“, ein Saibling von 35cm Länge

 

Später im Jahr fand ich den folgenden Saibling von über 50cm tot am Ufer – hier hatte wohl auch der Hecht zugeschlagen. Warum er den Fisch nicht verschluckt hat? Meine Theorie: auch der hatte zunächst an einer Angel gehangen … ?

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Alpiner Seesaibling im Laichkleid, auch Opfer einer Hechtattacke


Doch zurück zu den Einsteigern. An einem der ersten Angeltage im neuen Boot fischte ich mit der Hegene im recht flachen Wasser um 4-6m auf Rotaugen und Felchen. Kurz nach dem Einwurf einer Posenmontage tauchte diese komplett ab. Nach Aufnehmen der Schnur zog der Fisch ab, zunächst weg vom Boot, dann an und unters Boot. Es war Schwerstarbeit, in der einen Hand die Angelrute, mit der anderen das Ankerseil einholen. Mit Anker hoch trieb das Boot aber gefährlich nah an die Sperrzone, also Anker immer wieder mal runter. Ein Angelfreund, der am Ufer fischte, stoppte eine Drillzeit von 70 Minuten, es war schwierig, den nötigen Druck zu machen mit 0,16er Vorfach. Letztlich kam ein Hecht zum Vorschein, es brauchte sechs Versuche, ihn von hinten zu keschern. Immerhin 11,2kg! Er hing sauber im Maulwinkel.

Ganz kurios war ein Erlebnis wieder beim Saiblingsfischen vom Ufer aus. Es war am Ufer ein Spinnangler unterwegs, der Strecke machend auch bei mir vorbei kam. Wir unterhielten uns (natürlich über den miserablen Fischbestand ;-) ) und dann unterbrach ich den Angelfreund mit den Worten „… wart mal, ich habe da einen Biss!“ Ich nahm Fühlung auf – zunächst nur lose Schnur, die Hegene war ganz woanders hin gewandert als ausgeworfen. Dann böser Widerstand.

Ich pumpte vorsichtig und ging mit hoher Rute die Böschung rauf. Dann kam der erste mittelgroße Barsch ans Licht: er hing an der ersten Nymphe. Dann der Zweite. Schon war ich enttäuscht, hatte ich doch mit einem großen Einzelfisch gerechnet. Der Dritte zeigte sich. Und dann plötzlich sah ich im Wasser eine große stachelige Rückenflosse. „Kescher!“ rief ich und der Angelkumpel nahm die ganze Baggage inklusive Kraut unter Verwahrung. Was war geschehen? Den vierten Barsch, der auch auf die Hegene gebissen hatte, hatte sich ein kapitaler Artgenosse von knapp 50cm einverleibt. 5 Fische – Full House, obwohl noch ein sechster Fisch Platz gehabt hätte.

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Full House …

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Einsteiger der eigenen Art


Dazu muss man sagen, dass man auf dem Echolot oft Barschschwärme sieht, unter denen oder sogar zwischen denen die größeren Exemplare praktisch direkt bei Tisch stehen. Fängt man kleine Barsche mit Hegene z. B. als Köderfische, darf man nicht zu lange mit Einholen warten. Die Einsteiger packen zu und/oder kommen noch mit zur Wasseroberfläche. So geschehen und ich habe reagiert und ein Bild vom Echolot gemacht. Man sieht einen riesigen, 7m hohen (!) Schwarm kleiner Barsche, in und um den es sich auch die größeren Artgenossen bequem gemacht haben, warum wohl?

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Barsche - Bild vom Echolot


Ein Trittbrettfahrer, der gar nicht von seiner bzw. meiner Beute lassen konnte, beschäftigte mich wiederum gerade neulich wieder beim Renkenfischen. Kurz nach dem Biss und anschlagen hing eine gute Renke. Dann plötzlich Widerstand und man ist ja mittlerweile erfahren im Umgang mit Einsteigern. Ein schwerer Räuber hatte zugeschlagen, das merkte ich. Schnell ging die Schnur von der Rolle. Dann war plötzlich wieder nur die Renke am zappeln. Und Bumm!

Der nächste Einschlag, Räuber noch oder wieder da! Alle anderen Ruten wurden erstmal eingeholt, wir fischten zu zweit und man weiß nie. Kurze Zeit später dasselbe Spiel, dann Renke wieder frei, wieder gepackt. Schnur läuft. Dann ein Ruck und ich konnte die Renke von 33cm Länge einholen. Sie hing komischerweise noch an der Hegene, während unterhalb alle Haken abgerissen waren. Da nur wenige Schlitze auf dem Fisch waren, könnte dies ein großer Zander gewesen sein.

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Renke von 33cm

Es ist immer wieder aufregend. Natürlich sind die Chancen, solche Einsteiger letztlich in den Kescher zu bekommen, angesichts der feinen Montagen eher gering, insbesondere wenn Hechte einsteigen. Aber ein Bekannter von mir hat unlängst auch wieder einen Hecht über 70cm ins Boot bekommen, es ist nicht unmöglich. Feingefühl beim Drill und vor allem Glück beim Haken gehören aber dazu. Es ist und bleibt ein aufregendes Erlebnis, das ja auch von anderen Angelarten bekannt ist. Denn am angefütterten Platz stellen sich auch Räuber ein und manch einem Hecht ist schon die Stipprute mit Made, die wobbelnde Kartoffel oder die ausgelegte Grundangel mit Wurm zum Verhängnis geworden …

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Dr. Stefan Weigelt


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