teaser brandenburg spreewald

Im Spreewald wurde im August 2022 das Wasser knapp.  Einzelne Gewässerteile waren schon am austrocknen, die Schleusen wurden deswegen geschlossen. Nicht nur das! Das zuständige Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz (MLUK) rief in einer Pressemeldung sogar dazu auf, dass auch unkundige Anwohner und Laien einfach Fische aus Gewässern die trocken zu fallen drohten, in irgendwelche anderen Gewässer umsetzen sollten.

"gegebenenfalls eigenständig Fische und andere Wasserlebewesen zu retten und in wasserführende Gewässer umzusetzen".

Wegen der Gefahren die da durch Verschleppung invasiver Arten drohen und wegen den rechtlichen Unsicherheiten bezüglich Fischwilderei (§293 StGB, in Besitz nehmen von Fischen durch Unberechtigte) habe ich direkt in meinen Augen zuständige Ministerien in Bund und Land angemailt und um Klarheit gebeten.
Nachfolgend der Ablauf der Ereignisse und die Einordnung.

Fische retten, wenn Gewässer trockenfallen wie im Spreewald?

Unbedingt sollte man Fische retten bei drohendem Trockenfall von Gewässern, wenn das sinnvoll möglich ist ohne Schaden für Helfer und Gewässer!
Also da wo es sachgerecht geschieht!
Soll das aber jeder machen, auch Anwohner ohne jede Ahnung von Fischen und Gewässern?
Eher nein!
Denn da wird es auf Grund der vielen Gefahren für Gewässer und Biotope schwierig (mögliches Verbreiten vom invasiven Fischarten wie Blaubandbärblingen oder Grundeln, verbreiten der Krebspest durch Signalkrebse, verbreiten von invasiven Höckerflohkrebsen, verbreiten invasiver Pflanzen, Algen etc.). 
Dass es zudem im Bundesrecht den §293 StGB (Fischwilderei) gibt der verbietet, dass nicht Befugte Fische oder Krebse in Besitz nehmen oder gar umsetzen, kommt noch dazu.

Regeln und Bürokratie sind nicht immer schlecht!

Nach brandenburgischem Recht darf man Gewässer nur mit entsprechender Ausbildung und Prüfung bewirtschaften (Fischereigesetz für das Land Brandenburg (BbgFischG), §17 (1, 2)). Auch um Gefahren durch Verschleppen invasiver Arten durch Unausgebildete zu minimieren. Nach Bundesrecht darf man zudem als Unbefugter keine Fische oder andere Wasserlebewesen die dem Fischereirecht unterliegen sich oder Dritten zueignen, beschädigen oder zerstören.

Wenn es auch verständlich ist, dass man schnell helfen und Lebewesen retten will, sollte man hier die Gefahren für Gewässer und Biotope, für Gewässer-, Arten- und Naturschutz nicht vergessen und das daher dafür ausgebildeten Praktikern überlassen! Auch als grünes Ministerium das anscheinend größere Nähe zum  Tierschutz als zu Gewässer-, Arten- und Naturschutz hat.

Beim Einsetzen von Arten in andere Gewässer drohen aus oben genannten Gründen sowohl erhebliche Gefahren für betroffene Gewässer, Biotope und Natur. Ebenso widerspricht dem §293 StGB (Fischwilderei). So könnten eventuell gutmeinende Anwohner wegen einer Fischrettung dann wegen Fischwilderei angezeigt werden. Daher habe ich mich umgehend sowohl mit dem Bundesministerium der Justiz (zuständig für den §293 StGB, Fischwilderei, Bundesrecht) wie dem für Fischerei zuständigen Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz (MLUK) in Brandenburg in Verbindung gesetzt.

Bundesministerien schieben Verantwortung ab

Das Bundesministerium der Justiz antwortet schnell und fühlte sich nicht zuständig [1]. Dies obwohl es sich beim §293 StGB ja um ein Bundesgesetz handelt. Das Justizministerium verwies auf das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), das seiner Meinung nach zuständig sein solle. Auch dieses fühlte sich nicht zuständig und verwies statt dessen auf das in den Augen des BMEL "zuständigen Landesministerium" [2]. Von den eigentlich für Bundesrecht wie dem Strafgesetzbuch zuständigen Bundesministerien war also keine Hilfe zu erwarten.

Landesministerium reagiert schnell nach Anfrage und Nachfassen durch Netzwerk Angeln

Dankenswerterweise war das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz (MLUK) in Brandenburg deutlich kooperativer. Auch wenn das Ministerium in seiner ersten Antwort am Thema vorbei geantwortet hat, haben sie dann meine Hinweise direkt aufgenommen. Das Ministerium gab Netzwerk Angeln recht und die Passagen in der Ministeriumsveröffentlichung wurden geändert [3]. So, dass nicht wegen einer Veröffentlichung des Ministeriums versehentlich invasive Arten verschleppt werden können oder gutmeinende Anwohner juristisch in Schwierigkeiten kommen könnten.

Meine Meinung zum Fall: Empathische Tierschutzgedanken rechtfertigen keine Gefahr für Natur-, Arten und Gewässerschutz

Dass in einem grün geführten Ministerium wie dem Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz (MLUK) in Brandenburg der Tierschutz auch einmal gegen sinnvolle Regeln und evtl. gegen geltendes Recht propagiert wird ist vielleicht den Grundsätzen einer Partei geschuldet, die Tierschutz oft überhöht.

Es hat aber schon Gründe, warum nicht einfach jeder Fische und Lebewesen ohne jede Fachkenntnis aus einem Gewässer in ein anderes umsetzen darf. Das Stichwort "invasive Arten", die so leichter verbreitet werden können wie oben dargestellt, ist dabei nur ein Punkt. Zum anderen ist es so, dass einfach der §293 StGB (Fischwilderei) als Bundesgesetz grundsätzlich gilt und es einer Verordnung, Gesetz, Erlass etc. des Landes bedürfen würde, wollte man diesen unter bestimmten Bedingungen aussetzen ohne gutmeinende Laien der Gefahr einer Gerichtsverhandlung auszusetzen.

Das sollte in meinen Augen aber auch ein grünes Ministerium bei allem empathischen Vorrang für Tierschutz wissen. Genauso müsste das Ministerium dann auch im Vorfeld alle Aufseher und Polizisten informieren, die mit Fischereiaufsicht zu tun haben. Zusätzlich leiden Gewässer, wenn diese durch Einbringen falscher, evtl. auch noch invasiver Arten massiv geschädigt werden könnten.

Daher bin ich froh, dass nach der ersten ausweichenden Antwort beim Nachfassen das Ministerium dann schnell reagiert hat. Nur so kann man verhindern, dass gutmeinende Anwohner in juristische Schwierigkeiten kommen. Oder dass Gewässer von Fachunkundigen durch Einbringen invasiver oder für Gewässer gefährlicher Arten kaputt gemacht werden. Nicht umsonst müssen ja Bewirtschafter von Gewässern in Brandenburg eine Fachkunde beim Bewirtschaften, also auch dem entnehmen und umsetzen von Fischen und Wasserlebewesen, nachweisen.

Im Spiegel ist immer noch die alte Fassung zu lesen ist (Stand 12.12. 2022) in welcher eigenmächtiges Umsetzen gewollt is. Anscheinend hat also das Ministerium diese Änderung nicht der Presse allgemein so mitgeteilt, wie die ursprüngliche Version mit den gefährlichen Empfehlung.
Was das über Fachkunde und Öffentlichkeitsarbeit des Ministeriums aussagt, das überlasse ich der Beurteilung der Leser.

Anhänge

Nachfolgend jeweils meine Anschreiben und die Antworten der Ministerien.

[1]

Bundesministerium der Justiz

Mein Anschreiben

Sehr geehrter Herr Dr. Buschmann
sehr geehrter Herr Kracht,
sehr geehrte Frau Krüger,
sehr geehrte Damen und Herren,

Netzwerk Angeln (https://www.netzwerk-angeln.de/) als das relevante Medium für Angler, Angeln und Anglerschutz möchte Angler und die Menschen an den Gewässern informieren und vor Schaden bewahren.

In einer Veröffentlichung des Spiegel von heute morgen wird zitiert:
”Brandenburg schließt Schleusen im Spreewald – Notabfischungen möglich” (Quelle:
https://www.spiegel.de/panorama/brandenburg-schliesst-schleusen-im-spreewald-notabfischungen-moeglich-a-aef5f1c0-ca24-433a-8ddb-3c66b68f3a4d)
Zitat:
Das Ministerium bittet Anlieger an Gewässer in der Region, diese genau zu beobachten und »gegebenenfalls eigenständig Fische und andere Wasserlebewesen zu retten und in wasserführende Gewässer umzusetzen.”

Dazu die Frage zur Information unserer Leser:
Kann ein Bundesland ohne eigene Rechtsetzung (Gesetz, Verordnung) Maßnahmen anordnen, dass Bürger entgegen dem § 293 Strafgesetzbuch (StGB) Fische einem Gewässer entnehmen an dem sie dazu nicht das Recht haben (laut Fischereigesetz für das Land Brandenburg (BbgFischG)? und dann gegebenenfalls in ein anderes Gewässer setzen darf (ungenehmigte Besatzmaßnahmen?)?

Ich bitte um möglichst sofortige Beantwortung angesichts der Dringlichkeit durch die Veröffentlichung und weitere Presseveröffentlichungen, um nicht gutmeinende Bürger in eine juristische Falle laufen zu lassen.

Fragen wie Antworten sind zur Veröffentlichung gedacht.

Bei Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung

Viele Grüße, Thomas Finkbeiner

Die Antwort

Sehr geehrter Herr Finkbeiner,

vielen Dank für Ihre Anfrage!

Bitte wenden Sie sich zuständigkeitshalber an das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!).

Mit freundlichen Grüßen
.......

Bundesministerium der Justiz
Pressereferat
Mohrenstraße 37
10117 Berlin


[2]

Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL)

Mein Anschreiben (ging als Antwort an das Justizministerium und direkt als CC/Kopie ans BMEL)

Sehr geehrter Herr ....,

recht herzlichen Dank für Ihre sehr schnelle Rückmeldung und den Hinweis auf das BMEL.


Sehr geehrte Damen und Herren im BMEL,

ich möchte Sie nach Rat des Bundesjustizministeriums gerne um die Beantwortung untenstehender Fragen bitten.
Hier nochmal im Wortlaut:

Netzwerk Angeln (https://www.netzwerk-angeln.de/) als das relevante Medium für Angler, Angeln und Anglerschutz möchte Angler und die Menschen an den Gewässern informieren und vor Schaden bewahren.

In einer Veröffentlichung des Spiegel von heute morgen wird zitiert:
”Brandenburg schließt Schleusen im Spreewald – Notabfischungen möglich” (Quelle:
https://www.spiegel.de/panorama/brandenburg-schliesst-schleusen-im-spreewald-notabfischungen-moeglich-a-aef5f1c0-ca24-433a-8ddb-3c66b68f3a4d)
Zitat:
Das Ministerium bittet Anlieger an Gewässer in der Region, diese genau zu beobachten und »gegebenenfalls eigenständig Fische und andere Wasserlebewesen zu retten und in wasserführende Gewässer umzusetzen.

Dazu die Frage zur Information unserer Leser:
Kann ein Bundesland ohne eigene Rechtsetzung (Gesetz, Verordnung) Maßnahmen anordnen, dass Bürger entgegen dem § 293 Strafgesetzbuch (StGB) Fische einem Gewässer entnehmen an dem sie dazu nicht das Recht haben (laut Fischereigesetz für das Land Brandenburg (BbgFischG)? und dann gegebenenfalls in ein anderes Gewässer setzen darf (ungenehmigte Besatzmaßnahmen?)?

Ich bitte um möglichst sofortige Beantwortung angesichts der Dringlichkeit durch die Veröffentlichung und weitere Presseveröffentlichungen, um nicht gutmeinende Bürger in eine juristische Falle laufen zu lassen.
Fragen wie Antworten sind zur Veröffentlichung gedacht.

Bei Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung

Viele Grüße, Thomas Finkbeiner

Die Antwort

Sehr geehrter Herr Finkbeiner,

die Binnenfischerei bzw. -anglerei regeln die Bundesländer nach der grundgesetzlich festgelegten Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern in eigener Zuständigkeit. Ich bitte Sie daher, sich mit Ihrer Frage an das zuständige Landesministerium in Brandenburg zu wenden.

Was im Übrigen die Beurteilung einer Strafrechtsrelevanz angeht, entscheiden das im konkreten Einzelfall die zuständigen Strafverfolgungsbehörden vor Ort.

Beste Grüße
Pressereferent/Sprecher

Referat L1 – Pressestelle
Bundesministerium für Ernährung und
Landwirtschaft (BMEL)

[3]

Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz (MLUK) in Brandenburg

Mein Anschreiben 1

Sehr geehrte Frau Zelt,
sehr geehrter Herr Arnold,
sehr geehrter Herr Dr. Schade,
sehr geehrte Damen und Herren,

Netzwerk Angeln (https://www.netzwerk-angeln.de/) als das relevante Medium für Angler, Angeln und Anglerschutz möchte Angler und die Menschen an den Gewässern informieren und vor Schaden bewahren.

In der Veröffentlichung des Spiegel wird ihr Ministerium zitiert:
”Brandenburg schließt Schleusen im Spreewald – Notabfischungen möglich” (Quelle:
https://www.spiegel.de/panorama/brandenburg-schliesst-schleusen-im-spreewald-notabfischungen-moeglich-a-aef5f1c0-ca24-433a-8ddb-3c66b68f3a4d)
Zitat:
Das Ministerium bittet Anlieger an Gewässer in der Region, diese genau zu beobachten und »gegebenenfalls eigenständig Fische und andere Wasserlebewesen zu retten und in wasserführende Gewässer umzusetzen.”

Ebenso steht das in ihrer eigene Veröffentlichung, auf welche der Spiegel hinweist:
”Der Spree fehlt Wasser: Phase 3 des Konzeptes zur Wasserbewirtschaftung tritt Montag in Kraft” (Quelle: https://mluk.brandenburg.de/mluk/de/aktuelles/presseinformationen/detail/~14-08-2022-phase-3-des-konzeptes-zur-wasserbewirtschaftung-tritt-montag-in-kraft)
oder gegebenenfalls eigenständig Fische und andere Wasserlebewesen zu retten und in wasserführende Gewässer umzusetzen.

Dazu die Frage zur Information unserer Leser:
Welche rechtliche Grundlage hat das Land Brandenburg geschaffen, damit jedermann entgegen dem § 293 Strafgesetzbuch (StGB) Fische einem Gewässer entnehmen an dem er dazu nicht das Recht (laut Fischereigesetz für das Land Brandenburg (BbgFischG)? und dann gegebenenfalls in ein anderes Gewässer setzen darf (ungenehmigte Besatzmaßnahmen?)?

Ich bitte um möglichst sofortige Beantwortung angesichts der Dringlichkeit durch ihre Veröffentlichung und die Presseveröffentlichungen, um nicht gutmeinende Bürger in eine juristische Falle laufen zu lassen.

Viele Grüße, Thomas Finkbeiner

Die Antwort

Sehr geehrter Herr Finkbeiner,

die Fischereibehörde und der Landesanglerverband sind über ein mögliches Trockenfallen von einzelnen Gräben informiert und es wurde sich über evtl. Notabfischungen abgestimmt.

Anwohnerinnen und Anwohner sollten sich am besten, in Fällen von trockenfallenden Gewässern, mit den Fischereibehörden der betroffenen Landkreise in Verbindung setzen. Dort finden sich die besten Netzwerke zu Angel- und Umweltverbänden und man kann so vielleicht noch einige Fische retten.

Mit freundlichen Grüßen

.......

Pressereferent

Ministerium für Landwirtschaft,

Umwelt und Klimaschutz Brandenburg

Mein Anschreiben 2

Sehr geehrter Herr ......,

danke für die Rückmeldung.

So wie Sie es jetzt schreiben, wäre es ja der vernünftige und juristisch einwandfreie Weg gewesen.

Aber das Ministerium rief wörtlich dazu auf, unter Mißachtung des § 293 StGB selbst aktiv Fische in Besitz zu nehmen und umzusetzen:
oder gegebenenfalls eigenständig Fische und andere Wasserlebewesen zu retten und in wasserführende Gewässer umzusetzen

Meine Frage war, welche rechtliche Grundlage das Ministerium geschaffen hat, um gutmeinende Anwohner vor strafrechtlicher Verfolgung zu schützen bei dem Aufruf des Ministeriums zum Bruch des §293 StGB und zum widerrechtlichen Beatz in anderen Gewässern.

Ich bitte diese Frage noch zu beantworten.

Wir freuen uns auch über Bildmaterial.

Viele Grüße, Thomas Finkbeiner

Die Antwort

Sehr geehrter Herr Finkbeiner,

vielen Dank für Ihren Hinweis und Ihre Aufmerksamkeit. Die ursprüngliche Formulierung war in der Tat unklar. Wir ändern den Satz entsprechend.

Mit freundlichen Grüßen

.......

Pressereferent

Ministerium für Landwirtschaft,

Umwelt und Klimaschutz Brandenburg


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