750 teaser felchen mit hindernissen

 
Das Angelboot richten – nur nichts an Land lassen

Endlich war es soweit: mein Angelfreund Uwe hatte angerufen, und angesichts des doch recht milden Wetters Ende Februar wollten wir die Saison der Bootsangelei auf meinem Hausgewässer, einer Talsperre im Sauerland, eröffnen. Da mein Boot noch nicht im Wasser ist (unser Bootssteg wird erst Ende März aufgebaut), haben wir das auf einem Bauernhof in Seenähe geparkte zweite Boot unserer kleinen Angelgemeinschaft abgeholt.
Als ich dort gegen 10 Uhr ankam, war Uwe schon am Abplanen. Schnell ging es ab zur Slipstelle am See. Die blöde krumme und abfällige Abfahrt zum Wasser verlangt dem Kraftfahrer immer alles ab. Die zahlreichen Reifenspuren neben der Sliprampe zeugen von den vielen vergeblichen Versuchen, den Kahn direkt runter zum Wasser zu befördern. Ich bin ja froh, das nicht machen zu müssen … so rückwärts mit Hänger um die Kurve …

Dann war das Boot im Wasser und wir beluden unser Gefährt mit den zahlreichen notwendigen Utensilien: Kescher, Ankerwinde, Ruten und Rucksack, Sitzkissen, Thermoskanne, Hut und Mettwürstchen. Ich wie immer mit dick gefülltem Rutenfutteral, Uwe zwei Rütchen in der losen Hand. Purist Uwe war allerdings noch unschlüssig, auch seine Thermohose mitzunehmen. Es sei ja doch recht mild, stellte er fest.
„Lieber mitnehmen, nimmt doch keinen Platz weg!“,
entgegnete ich,
„Omma sacht immer, Junge iss noch kalt im Frühjahr, zieh dir was am Kopp!“

1Ready for Take Off! - Das Boot fertig zum ablegen

 

Boot über den Felchen

Schnell waren wir mitten auf dem See. Felchenfischen mit Hegene war angesagt und erstmal mussten die Fische gefunden werden. So fanden wir recht verteilt immer wieder Fisch am Grund. Jetzt galt es, Stellen zu finden, an denen immer wieder Fisch vorbeizieht. Am ersten Spot hatten wir dann auch gleich erste Bisse, Uwe wie immer den ersten Fisch. Kein Wunder, denn wie fast immer war ich erstmal mit der Montage beschäftigt. Die zwei Schnüre meiner Felchenruten hatten sich im Futteral verheddert. Abartig, wie sich geflochtene Schnur so einfach komplex verweben kann.

Durch den Durchmesser von 0,06 optimiert, hatte ich gegen das Chaos keine Chance, erkannte das aber erst spät. Ehrlich gesagt: ich bin bei Schnurknoten extrem ehrgeizig und hartnäckig. Aber als Uwe dann schon den zweiten Biss hatte, hielt ich es dann doch nicht mehr aus und zückte barsch das Messer… und nur wenig später schwenkte ich entspannt die Rute über die Bordwand.

Das Wasser hatte die Sensationstemperatur von 4,7 Grad an der Oberfläche. Kein Wunder, dass die Fische extrem vorsichtig oder auch eher lethargisch bissen. Oft wurde nur die Nymphe kurz festgehalten. Dann musste in Null komma Nix der Anschlag kommen. Volle Konzentration war gefordert!

2Uwe legte vor: Das erste Felchen 2019!

Schnell holte ich auf. Auch ein paar Minimalbisse, dann aber Anschlag und ein Fisch am anderen Ende. So muss das! Langsam holte ich den Fisch höher und erst am Ende begann das Blaufelchen noch mal einen kurzen Kampf. Man merkte den Fischen, die später im Jahr spektakuläre Drills an leichtem Gerät bieten können, die Wassertemperatur doch an. Petri zum ersten Fisch 2019! Uwe gratulierte.

3Jetzt war auch ich dran und konnte mich über mein erstes Felchen im Jahr 2019 freuen.

Felchen beißen sehr vorsichtig und wollen nicht mit in die Küche

Gleich danach hatte ich nach dem nächsten Biss und Anschlag fetten Widerstand und ein Felchen von knapp 40cm konnte wenig später gekeschert werden. Das war ja schon mal ein schöner Anfang. Danach riss es aber ab. Obwohl wir noch viele Fische sahen, biss nix mehr. Langsam frischte auch der Ostwind auf. Blöderweise stehen die Felchen meist mitten in Wind und Strömung, da wo es bei kaltem Wind am unangenehmsten zu angeln ist. Uwe zog seine Thermohose an.
Am nächsten Spot sahen wir viel versprechende Echos. Und gleich biss es auch wieder zaghaft. Man musste wirklich voll konzentriert sein, um die Bisse zu sehen und zu verwerten. Nachdem der eine oder andere Fisch im Boot war, hörte es wieder auf zu beißen.

4Auf kleine schwarze Nymphen ging was


Outing per Echolot – Fische verraten sich

Es waren den ganzen Tag immer nur kurze Phasen, in denen die Fisch Bock hatten. Oft stiegen sie auch zu unseren Nymphen, ohne den Köder zu nehmen, um dann passiv zu verharren.

5Aktive Fische!

6Passive Fische!


Wir fuhren verschiedene Spots ab, die Fisch zogen im Tagesverlauf etwas mehr ins flachere Wasser. Der kalte Ostwind machte uns zu schaffen, das Boot pendelte etwas, nicht gut fürs Hegenen fischen. Uwe kamen Zweifel. Ob die Thermojacke nicht auch noch ins Boot gepasst hätte … Heißer Kaffee zeigte aber erstmal seine heilende Wirkung, die Mettwurstpackung ging rum. Die Fische hatten nun erstmal gar keine Lust mehr.

Wir beschlossen, seeauf Richtung Auto zurückzufahren. Dann fanden wir etwas flacher wieder Fisch. Uwe legte seine bisher noch nicht aufgebaute zweite Rute aus, die „Tote Rute“. Diese erwies sich allerdings den Tag als eine „sehr tote“ Rute. Der Wind flaute ab, es gab Schlupf von kleinen schwarzen Fliegen und wir sahen auf dem Echo, wie die Fische munter wurden. Und sie bissen wieder. Hier fing Uwe neben den Felchen noch zwei Kleine Maränen. Und da gab es noch etwas Aufregendes: als ich ein Felchen drillte zeigte Uwe auf das Echolot: hinter meinem Fisch her patroullierte ein großer Räuber.

7Noch ein Interessent für lecker Felchen (Hecht, Zander oder Seeforelle?)

Renken waren neunmal nicht klug

Was dann so passieren kann, könnt ihr übrigens hier in „Trittbrettfahrer und Einsteiger“ nachlesen. Wir fingen noch ein paar Fische. Insgesamt war die Ausbeute mit neun Fischen, die wir für küchentauglich hielten, wirklich ordentlich. Man muss ja immer auch daran denken, es ist Februar und das Wasser eisekalt! Uwe schlotterte mittlerweile wie Espenlaub.

8Was ist schon Kälte gegen das Glück von Fischen im Drill?


Dann neigte sich mein erster Bootstag 2019 dem Ende zu und das dicke Ende sollte noch kommen. An der Slipanlage packten wir die sieben (oder siebzig) Sachen aus. Dann sichteten wir nochmal zufrieden die Beute und teilten brüderlich.
„Zehnmal die Slipanlage bergauf sprinten, dann wird’s einem wieder warm!“,
empfahl ich Uwe so nebenbei.

9Five of Nine

Das dicke Ende: kapitales Boot im Drill

Uwe holte den Trailer. Respekt, wie er den in einem Rutsch ans Wasser fuhr. Wir zogen das Boot am Gurt heran, zu zweit packten wir zu und zogen. Boot bewegte sich nicht sonderlich.
„Wenn jetzt der Gurt reißt…“,
dachte ich noch so.

Und er tat es.

Beziehungsweise der Knoten löste sich auf.

Das Boot, welches ja schon schräg auf den Rollen des Trailers lag, lief feierlich vom Stapel. So beschreibe ich das mal, denn wir standen still und andächtig da und sahen erstmal ruhig zu, wie der Kahn nunmehr ohne uns in See stach. Erst sehr viele später reagierte ich erstmal damit, das Malheur fotografisch festzuhalten. Uwe sagte im ersten Schockzustand:
„Jetzt müssen wir mal warten, bis das Boot wieder an Land getrieben wird.“
Wobei der schwimmende Untersatz aber statt ans Ufer schon merklich Richtung Sperrmauer beschleunigte.

10Das kleine Boot auf großer Reise: Bootie gab Gas Richtung Seemitte…

Dann aber war doch langsam Handeln angesagt. Also schnell zum Rutenfutteral gesprungen. Tja, was soll ich sagen, ICH habe ja immer alles dabei, so auch eine Spinnrute! Schnell einen Gummifisch mit 28g Kopf montiert. Mann, das Boot war wirklich schnell. Erster Wurf, kein Erfolg. Zweiter Wurf: jau, ich hing , aber auf der Gegenseite außen. Majestätisch drehte sich das Boot einmal um sich selbst und schwupp, Haken fiel ab. Dann aber – dramaturgisch klassisch - der dritte Wurf und ich hakte einen Riemen und dann kam der ganz große Drill:
„Langsam und gefühlvoll, aber mit dem nötigen Druck dirigierte ich das Boot ans Ufer. Dabei leistete mir die ganz neu designte EXTREMO SUPIFISCHI ZANDIGIGANTI Rute und der EXTREMOFLIPPI SUPERSHAD an meiner starken VERFLECHTO Schnur beste Dienste, die von meiner DRALLO ROTARO Rolle fest, aber doch gefühlvoll unter der verlässlich arbeitenden, ruckfreien BLOCKARDI BREMSE aufgespult wurde. Mein riesiger, aber doch komfortabler GIGANTO KESCHER nahm dann die Beute …“

Äähhh, nee. Keschern war nich.

Alles gut. Boot kam ans Ufer, Knoten wurde fachgerecht erneuert. Uwe lobte meine ungeahnten Casting-Fertigkeiten. Was macht der Mensch? Redet sich das alles schön:
„Gut, dass der Riemen nicht auf der Autobahn aufgegangen ist!“

War doch wieder ein toller Tag!

11Höchste Ansprüche an Mensch und Material: Kapitales Boot im Drill 


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