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Vorbemerkung zu den Ambitionen in Sachen Rutenbau

Ruten selber bauen? Schon lange hatte mich als passionierten Selbermacher und Bastler diese Vorstellung beschäftigt. Schon die Fänge mit selbst gebundenen Fliegen und erdachten Montagen brachten mir eine besondere Befriedigung. Aber Rutenbau war sehr weit weg. Dann gab es aber vor geraumer Zeit einen Anlass, der mich näher ans Thema brachte. Davon will ich nachträglich berichten. Denn aktuell haben sich beim Ausmisten der Angelgeräte ein paar Ruten-Reparaturfälle (Bruch, Ringe defekt) angesammelt. Und da möchte ich nun auch mal selber herangehen. Und nebenher habe ich kürzlich auch einen Fliegenruten-Blank ergattert und möchte nun meine erste Rute komplett aufbauen.

Das erste Rutenbau - Projekt: Bologneserute zum Renkenangeln

1 renkeKapitale Renke auf Posenmontage auf dem Attersee/AUT

Seit ich mit Guide Michael Bierbaumer auf dem Attersee dicke Renken mit Posenmontage gefangen hatte, war ich infiziert vom Renkenfischen. Auch wenn meine Liebe mehr der leichten Heberute gilt, werfe ich doch immer auch gerne die Pose mit Zweitrute aus. Bewährt hat sich nach Michaels Empfehlung eine Bologneserute mit möglichst weit durchgehender Aktion, da Renken im Drill leicht ausschlitzen.

2Toprute fürs Renkenfischen: Bologneserute

Von einigen Herstellern gibt es diese Ruten, die Aktion stimmt dort wirklich, nur einen Nachteil haben diese meist: die fürchterlich kleinen Ringe, mit denen sich zwar der „Renkenfinder“ als stopperlose Laufpose werfen lässt, nicht jedoch die Posenmontage mit Stopperknoten. Diese verwende ich gern immer öfter, auch weil ich damit schon im Mittelwasser Erfolg hatte. Ich hatte lange gesucht, um eine adäquate, weiche Rute mit großen Ringen zu finden, aber die gibt es offenbar nicht zu kaufen. Also reifte bei mir der Entschluss, eine meiner beiden Ruten mit größeren Ringen auszustatten, auch wenn möglicherweise die Aktion etwas darunter leiden könnte. Muss man eben probieren. Damit ist man ja auch nicht weit entfernt vom Thema Rutenbau und eine Heberute selbst bauen - der Gedanke geht schon lange in meinem Kopf herum :-) Also habe ich ein bischen gemessen, ein wenig recherchiert und mir im Netz neue Ringe samt einem Sortiment fürs Binden und Lackieren bestellt. Ich ging ich dann erstmal daran, die alten Ringe zu entfernen. Vorsichtig, um den Blank (als „Blank“ bezeichnet man rohen Rutenkörper ohne Ringe, Rutenhalter, Wicklungen) nicht zu beschädigen.

3Alte Ringe ab

Man sollte vier Hände haben beim Rutenbau

Als die neuen Ringe kamen, setzte ich mich gleich hin und fing an zu binden. Hat ja schon was vom Fliegenbinden und da fühlte ich mich doch zuhause. Ich probierte es neugierig wie ich bin ohne Hilfsmittel aus, also in und mit der Hand. Und das ist ganz gut fummelig. Man muss an 1000 Sachen denken und lässt einmal die Fadenspannung nach, geht's von vorne los! So nach und nach hatte ich dann einen Plan, wie ich vorgehen musste, um zu ersten Ergebnissen zu kommen. Natürlich habe ich gleich mit Zierwicklung gearbeitet. Einfach kann jeder ;-)
Naja. Eigentlich war ich schon so zufrieden, dass ich das Lackieren anfangen wollte, aber dann betrachtete ich mein Werk kritisch und stellte insbesondere die kleinen Lücken in der Bewicklung mangels Zug beim Binden fest.

4Erste Ergebnisse beim Wickeln in der Hand – man sieht die Lücken

5Auch am dicken Ende - erste Versuche, ging so

Eine Rutenbank muss her

Ja, und da ich schon immer auch eine Rute bauen wollte, fasste ich dann doch den spontanen Entschluss, eine Rutenwickel- und Lackierbank zu bauen. Mein Sohn als Maschinenbaustudent ist stets als Konstruktionspartner willkommen und gemeinsam legten wir los. Ein langes Brett in Birke Multiplex schien uns geeignet. Die schwierigste Aufgabe sahen wir darin, eine auf der Länge flexible einstellbare Führung für den Garnhalter zu bauen. Diese Feature hielten wir für extrem wichtig. Also wurde eine Nut eingefräst, die unten noch zur Hälfte des Brettdurchmessers etwas erweitert wurde. Darin kann ein Metallschlitten gleiten, der von einem Träger oben auf der Platte mit Stellschrauben aus der Bastelkiste gekontert wird.

7Fräsen einer Nut

8Schlitten in Nut - von unten gesehen
9Aufgeschraubter Träger oben

10Garnhalter, 6mm Gewindestange

Der Träger hält eine 6mm-Gewindestange, auf welcher der Abrollwiderstand (wichtig für die spätere Fadenspannung beim Wickeln) für die Garnrolle mittels Druckfeder und Flügelmuttern einstellbar ist. Es haben zwei bis drei Rollen Garn Platz, dann muss man nicht immer wechseln.
Da man nichts übereilen darf, wenn's gut werden soll, haben wir dann danach aufgehört. So schnell kommt man von Felchenfischen zum Rutenbau ...

Der nächste Tag

Nun galt es, die Stützen für die Rutenauflage aus Holz zu sägen. Die Stützen wurden aufgeschraubt, der Garnhalter modifiziert.

11Drei Stützen aus Holz

12… die Stützen korrekt gefluchtet und aufgeschraubt

Mit Motorkraft geht auch Rutenbau einfacher

Wenn man die Ringe angewickelt oder auch Zierwindungen aufgebracht hat, müssen diese lackiert werden. Beim Trocknen muss die Rute dann eine ganze Weile stetig um sich selbst rotieren, um Lacknasen zu vermeiden. Das will keiner mit der Hand machen. Daher baut man sich einen Motorantrieb. Ideal sind Motorgeschwindigkeiten um 3-5 Umdrehungen pro Minute. Ich habe die Motoreinheit auf einem Extrabrett gebaut, so kann das zu bearbeitende Rutenteil im Prinzip beliebig lang sein. Der Motor ist ein 6V AC Motor mit ca. 5 RPM, ich nutze ihn an einem Steckernetzteil, alles aus der Bastelkiste. Ein Träger sitzt auf der Motorachse, mit einfachen verdrillten Gummis kann man verschiedene Durchmesser sehr einfach einspannen. Die ganze Motoreinheit ist aber nun kein handwerkliches Schmuckstück geworden, da muss ich noch mal was Neues machen … Es gibt Motoreinheiten übrigens auch fertig zu kaufen.

13Der Motor, es kann gut ein Grillmotor verwendet werden
14Die Motorhalterung, höhenverstellbar
15So wird die Rute „eingespannt“ und kann automatisch lange Zeit gedreht werden - die Blankteile werden einfach ins Gummi eingehängt Damit das Ganze auch sicher steht, habe alle Teile noch Gummifüßchen bekommen.
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Und los …

Hatte dann die kleinsten Ringe, die auf die kleinen, verschiebbaren Hohlteile auf dem obersten Teil der Rute gehören, mit der Wickelbank angebunden - wenn man es vorher ohne gemacht hat, ist es ein Genuss! Das klappt prima. Ich hatte ein Stück Karbonstab mit einem Spitzenring als Fadenspanner angebaut, leider war das Ganze noch nicht gut gelagert, auch da musste ich noch nacharbeiten. Ferner fehlte Filz im Haus. Für das Lackieren und rotieren der Teile wollte ich noch überlegen, ob auf den Stützen Rollen oder Filzbelag angesagt waren.

17Erste Versuche - Wickeln der kleinen Ringe

18Fertig lackierte neue Ringe: Die ersten Versuche mit der Bank waren noch nicht überall optimal, aber teils schon sehr gut. Und es war relativ bequem.
WARNUNG!
Wenn man sich zum ersten male dem Rutenbau widmet, bleiben Fehl-Leistungen nicht aus. Stellte ich leidvoll fest … Ringe an Teleskopruten binden GEHT ANDERS ALS AN STECKRUTEN!!! Ich hatte die Rute in die Einzelteile auseinandergenommen und die Ringe einzeln angebunden und lackiert. So wie es alle Videos und Anleitungen zeigen. Eine Steckrute kann man danach zusammensetzen, eine Telerute natürlich NICHT! Denn da müssen die Teile bekanntlich von hinten ineinander geschoben werden, was mit montierten Ringen nicht geht. Also zwei Ringe wieder ab, Rute zusammengebaut und neu gemacht. Immerhin bringt das Routine!
Das Werfen inklusive Stopperknoten funktionierte dann aber sehr gut ...

Nachsatz

Die oben modifizierte Bologneserute mit den neuen Ringen hat bereits ihre Tauglichkeit auch für große Fische gezeigt: ich konnte einen Einsteigerhecht von 11,2 kg damit ausdrillen (mit 0,16er Hegenenvorfach). Es dauerte, aber die Rute federte mit ihrer Aktion alle Gewaltfluchten des Fisches gut ab und sorgte dafür, dass dieser Fisch nicht abriss.

So, das war mein Bericht wie ich über Ringwechsel zum Bau meiner Rutenbaubank kam. Es gibt im Netz sehr viele Projekte dieser Art mit mehr oder weniger viel Aufwand. Für mich ist es Klasse, dass sich nun heute doch herausstellt, dass der damalige Bau nicht umsonst war und ich nun erstens gut reparieren kann und zweitens doch eine Rute selber aufbauen werde. Letztlich bin ich doch recht schnell und billig vorangekommen.

Natürlich gehören noch viel mehr Arbeitsgänge beim kompletten Rutenbau dazu, als eine Bank zu bauen. Allein das Lackieren muss gekonnt werden, aber mit Tipps, wie sie zum Beispiel Christian Weckesser oder Theo Matschewski in ihren Youtube-Videos geben, kommt man schon gut voran. Der Handel ist auch gut mit Zubehör zum Rutenbau bestückt. Man muss seine Erfahrungen sammeln. Aber ich denke mir: wenn man einmal infiziert ist, lässt einen das auch nicht mehr los. Ob es letztendlich billiger ist, als das Kaufen einer Rute? Da ist es wohl eher wie mit dem Kilopreis selbst geangelter Fische: super teuer und eigentlich unbezahlbar?


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