kormoran abschuss im naturschutz genehmigt

Dem Anglerverein Leopoldshafen 1946 e.V. ist es gelungen, für seine Pachtgewässer "Langes Loch" und "Niederauwasser" eine Ausnahmegenehmigung zur letalen Vergrämung von Kormoranen zu bewirken. Da beide Gewässer inmitten eines Naturschutzgebietes (FFH) in Leopoldshafen beheimatet sind, ist eine vom Referat 55 (Naturschutz) des Regierungspräsidiums Karlsruhe erteilte Ausnahmegenehmigung zur letalen Vergrämung zwingend erforderlich. Der Anglerverein Leopoldshafen bedankt sich bei den Entscheidungsträgern für ihr kompetentes und verantwortungsbewusstes Handeln, welches der Gefährdung der beheimateten Fischbestände durch diese Entscheidung nun entgegenwirkt. Die Ausnahmegenehmigung beläuft sich auf fünf Jahre und hat bis zum 28.02.2026 Bestand.

Schon seit Jahren bemüht sich der Anglerverein Leopoldshafen um Verbesserungen in fischereipolitischen Themen und betreibt aktiv Natur- und Artenschutz an seinen Pachtgewässern. Stellvertretend sind sicherlich folgende Projekte und Maßnahmen wie z.B.:

  • Politische Fischereitage
  • Wildkarpfen- Wiederansiedlungsprojekt
  • Beteiligung am Quappenschutzprojekt
  • Fischfallenbeseitigungen
  • Optimierungen an Laich und Schongebiete

zu nennen, welche viel Zeit und Herzblut abverlangen, aber auch einen großen Imagegewinn für den Verein bedeuten.

Natürlich musss diesbezüglich auch das Thema Fischartenschutz in einem Atemzug genannt werden.

Es stellt heute kein Geheimnis dar, dass Fischbestände und einzelne Fischarten massiv vom Kormoran bedroht werden. Sogar das EU- Parlament forderte mit dem Beschluss vom 12. Juni 2018: „gemeinsam mit den Mitgliedstaaten Maßnahmen zu ergreifen, die die Kormoranbestände mit allen Mitteln drastisch auf ein derartiges Maß reduzieren, dass einerseits die Bestandserhaltung der Kormorane gewährleistet wird und andererseits keine Bedrohung für andere Arten entsteht und Schäden in den betroffenen Aquakulturen abgewendet werden.“

 

Nachhaltiger Fischartenschutz bereits seit vielen Jahren auf der Agenda - Eine Rückschau!

Bereits in den 2000er Jahren konnte die Problematik an den Gewässern mittels Vergrämungserlaubnis bekämpft werden, was auch zu einer Erholung der Bestände in den hiesigen Gewässern führte. Als die Abschussgenehmigungen schließlich erloschen, nahm sofort der Prädationsdruck an den jeweiligen Gewässern erneut zu und verursachte in kürzester Zeit einen massiven Rückgang der Fischbestände, was durch Befischungsergebnisse bestätigt werden konnte.

kormoraneinfallKormoraneinfall, insgesamt 180 Exemplare unmittelbar vor einer Jagd

2010 - Vergrämungsantrag abgelehnt!

Ein im Jahr 2010 erfolgter neuerlicher Vergrämungsantrag (Sammelantrag durch mehrere Vereine mit insgesamt über 7200 Mitgliedern im Rücken) wurde leider negativ bewertet und andere Faktoren für den schwindenden Fischbestand in Betracht gezogen.

Nachdem auch in den weiteren Jahren keine Einigung und externe Hilfe für eine Rettung der Fischbestände in Sicht war und sich zudem der Bestand von Kormoranen explosionsartig und dauerhaft erhöhte, mussten die beheimateten Vereine erneut eigenständig handeln.

2017 - Sammelantrag abgelehnt

Im Jahr 2017 reichte der Verein im Rahmen eines erneuten Sammelantrages einen weiteren Vergrämungsantrag ein, welcher mit der Begründung, dass ein Sammelantrag nicht die Voraussetzung einer Genehmigung erfüllt, abgelehnt wurde.

So blieb dem Verein nichts anderes übrig als einen eigenständigen Antrag zu stellen, was wiederum eine bürokratische Mammutaufgabe zu werden schien. Leider wurde dies von einigen Vereinen mit einem Verzicht quittiert.

 

Erfolgte Ablehnung

 Trotz eines fachlich einwandfreien Antrages und einer Empfehlung der Fischereibehörde des RP Karlsruhe wurde der Antrag schließlich im Jahr 2018 abgelehnt. Seitens der Naturschutzbehörde erkannte man zwar die bestehende Problematik, konnte sich aber nicht dazu hinreißen lassen den Fischartenschutz über den Vogelschutz zu stellen. Undurchführbare Maßnahmen wie Übernetzung der Gewässer, diverse Gewässerverbesserungsmaßnahmen wurden als Alternative in Betracht gezogen.

Pix (Grüne) erkennt signifikante Schädigungen durch Fischbestände

Selbstredend nahm die Problematik daraufhin weiter zu. Pressewirksam sollte auch die Haltung des EU- Parlaments zu erwähnen sein, auch weitere Stellen wie die Fischereiforschungsstelle Langenargen weisen in Regelmäßigkeit auf ein fehlendes Gleichgewicht hin.

Sogar der Grüne MDL (BW) Reinhold Pix erkennt:

Der regelmäßig erscheinende Kormoran-Brutvogelbericht belegt einen deutlichen Zuwachs der Kormoranpopulationen in Baden-Württemberg. Darüber hinaus legen der aktuelle Wildtierbericht (2018) sowie die Begleituntersuchungen zur Kormoranverordnung durch die Fischereiforschungsstelle nahe, dass es - in stark von Kormoranen beflogenen Gewässern - zu signifikanten Schädigungen der Fischbestände durch den Kormoran kommen kann. Viele dieser Gewässer befinden sich jedoch in Schutzgebieten. Aus diesem Grund haben sich die zuständigen Ministerien darauf verständigt, „von den möglichen Ausnahmen zur Vergrämung des Kormorans in Schutzgebieten mit dem Ziel einer deutlichen Reduktion des Fraßdrucks Gebrauch zu machen, soweit keine grundlegenden fachlichen Einwände dem entgegenstehen.“ (Wildtierbericht S. 332 u. 333). Mit Verweis auf die Schädigungen der Fischfauna und die fischereiwirtschaftlichen Schäden, begrüßt Herr Pix dieses Vorgehen ausdrücklich.

Leider war auch seitens des LFVBW mit keinerlei Unterstützung zu rechnen. Im Gegenteil, eine medienwirksam angekündigte Klage, betreffend der Zustände an der Jagst wurde seitens des LFVBW zurückgezogen. Man einigte sich mit den zuständigen Beteiligten, auf Kosten der Fischbestände alternativ auf Kormoranzählungen und Schulungen.

2019 - Ein weiterer Antrag!

Im Jahr 2019 entschloss sich der Verein das Thema erneut anzugehen und eben nicht klein beizugeben. Es geht schließlich um den Erhalt der Fischbestände und deren Hege wir uns alle verpflichtet fühlen müssen.

Nach der Gründung der IG Angelfischerei Hardt im Jahr 2019, konnten und mussten Kräfte nun noch effektiver gebündelt werden.

Über 100-seitiger Kormoran Vergrämungsantrag

Zahlreiche Absprachen, Telefonate, Begehungen, Dokumentationen und Besprechungen waren nötig um einen Kormoranvergrämungsantrag, welcher über 100 Seiten beinhaltet und in diesem Ausmaß einzigartig zu sein scheint, auf die Beine zu stellen. Eine Universitätsstudie und Verträglichkeitsstudien sind ebenso darin enthalten wie aussagekräftige Befischungsergebnisse und Bestandskontrollen.

Schließlich konnte der Antrag im November 2019  bei der entsprechenden Behörde überreicht werden.

antrag kormoranvergraemungüber 100 Seiten Kormoranantrag

2020: Das lange Warten mit Hindernissen

Viele Wochen und Monate mussten wir uns mit dem Warten begnügen ohne weitere Rückmeldungen zu erhalten, bis dann plötzlich seitens der Naturschutzbehörde eine FFH- Verträglichkeitsprüfung gefordert wurde.

Auch diese, für viele Vereine unüberbrückbare Hürde, konnte mit Hilfe der IG Angelfischerei Hardt genommen werden. So wurde auch diese Forderung seitens der Naturschutzbehörde erfüllt und das Warten ging in die nächste Runde.

Nachdem wir langsam ungeduldig wurden und auf eine Entscheidung drängten, wurden wir im November 2020 darüber informiert, dass einem Sammelantrag der IG Angelfischerei Hardt nur schwerlich entsprochen werden kann und für eine Entscheidung jeder Verein eine eigenständige Eingabe vorzubringen hätte.

Auch von diesem Tiefschlag ließen wir uns nicht beeindrucken und reichten erneut eine Beantragung mit entsprechendem Kommentar nach.

Genehmigung erteilt

Am 14.12.2020 erhielten wir endlich einen positiven Bescheid, Kormorane nach § 45 Abs. 7 Nr. 2 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) i.V.m. § 5 Abs. 3 der Kormoranverordnung, für die Dauer von 5 Jahren vergrämen zu können. Selbstverständlich wurden umgehend Jäger und die Kreisjägervereinigung über den Bescheid informiert. Von nun an kann effektiver und nachhaltiger Fischartenschutz betrieben werden.

genehmigung kormoranvergraemungLohn der jahrelangen Bemühungen, sogar mit Schreib- Druckfehler

 

Fazit

Diese Schilderung zeigt nun deutlich auf, mit welchen Hürden die Angler und Vereine für den Erhalt ihrer Fischbestände zu kämpfen haben. Auch wenn man sich in unsere Lage zu versetzen möchte, so kann nicht mal im Ansatz deutlich werden, was an Kraftanstrengung nötig war um unsere Fische vor dem schwarzen Tod zu schützen. Selbstredend betreiben wir im Verein jegliche Tätigkeiten im Ehrenamt und werden folglich nicht für unsere Arbeit bezahlt. Verbände wie z.B. der LFVBW haben hingegen auch bezahlte Fachkräfte in ihren Reihen. Diesen wird oft Scheitern vorgeworfen und somit steht der Verband häufig im Mittelpunkt der Kritik. Umso deutlicher zeigt sich, wie wichtig funktionierende Verbände für Angler, Vereine und Fische wären. Wenn man wirklich möchte, dann lässt sich auch etwas bewegen. Wir bedanken uns abschließend bei unseren Partnern und Unterstützern und möchten in der Abschlussbemerkung verdeutlichen wie es den Fischen ohne Schutz vor dem Kormoran in unserer Region fast täglich ergeht.

Schlussbemerkung - Schutzlose Fische

Was der Fraßdruck von Kormoranen bewirkt, lässt sich schon seit Jahren an zahlreichen Bauwerken, Brücken und Düker beobachten. Von Natur- und Vogelschützer nahezu unbemerkt, bedarf es dem Einschreiten von Angler, Vereine und Verbände.

Ein gutes Beispiel zeigen Aufnahmen in denen zu sehen ist wie Kormorane gezielt Fischschwärme in Bauwerke treiben um sie dann auf nahezu null zu dezimieren. Kein Fisch setzt sich freiwillig in der Winter- Ruhephase einem derartigen Stress und Sauerstoffknappheit aus.

Die Folge können Verpilzungen und ein damit einhergehendes Fischsterben hervorrufen.

Dieses Schauspiel ließ sich zuletzt an einem wohnortnahnen Pachtgewässer des Landesfischereiverband Baden-Württemberg verfolgen. Bereits seit Jahren lässt sich explizit im Winter beobachten, wie Kormorane hunderttausende Fische in die angesprochenen Bauwerke treiben und schließlich dem Vogel zum Opfer fallen. Ob der Verband aufgrund derartiger Konstellation darin einen Handlungsbedarf sieht kann nicht beurteilt werden. Leider scheinen somit diese Fische ausgerechnet in einem Verbands-Pachtgewässer sich selbst überlassen. Obgleich Angler seit Jahren schwindende Fischbestände beklagen. Findet nicht zeitnah ein grundsätzliches Umdenken statt, wird es ziemlich dunkel für Angler und Fische in Baden-Württemberg.

Marco Senftleben
Vorstand Anglerverein Leopoldshafen 1946 e.V.

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Kommentare  

Hallo Marco,
großartig was ihr da geleistet habt. Es zeigt, dass man auch schwierige Ziele ereichen. Man muss hartnäckig sein und viel Zeit und Geld investieren. Ich kenne das aus Jahren bis zur Änderung der Landesfischereiverordnung wegen den Kursen und dem Fragenkatalag des Verbandes.Und es verdeutlicht auch, dass der Verband Zuschüsse in der Höhe von 400 000€ jährlich lieber für die Lachszucht (dem nach eigener Aussage Baby von Sosat) ausgibt als seine Mitgliedsvereine zu unterstützen.

Mit Fischergruß Petri Heil
Hans-Herman Schock

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