liebesleben fische

Ein Anglermedium ist eines der wenigen Medien, das zwar vorwiegend von Männern konsumiert wird, in dem es aber trotzdem selten um schlüpfrige Themen geht.

Diese Bastion zu stürmen war mir lange ein Herzenswunsch. Hier geht es tatsächlich um Kurioses aus dem Sex-Leben der Fische.

Und es gibt so einige Fakten, die gerade Leserinnen ein Lachen ins Gesicht zaubern könnten.

Keine andere Gruppe der Wirbeltiere entwickelte so unterschiedliche Fortpflanzungsstrategien wie die Ersten von ihnen, die rund 30.000 Fischarten.

Die Erfinder des Sex waren Fische

Tatsächlich haben Fische den Sex, wie auch wir Menschen ihn praktizieren, also die innere Befruchtung, erst überhaupt erfunden. Die Männchen der Antiarchi, eine ausgestorbene Untergruppe der Panzerfische, die im Erdaltertum vor ca. vor 385 Millionen Jahren lebten, hatten wohl als erste Penisartige Flossen die sie in Ritzen in den Unterbauchschuppen der Weibchen ein- und Sperma zu den Eiern des Weibchens überführten.

1 versteinerter antiarchiVersteinerter Antiarchi im Cleveland Museum of Natural History; Foto: Tim Evanson from Cleveland Heights, Ohio, USA [CC BY-SA 2.0 ( https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0) ]

Generell geht es hier aber um jede Art von Sex bei Fischen, also auch um die Befruchtung außerhalb der Körper der Elterntiere, was bei Fischen eher die Regel ist. Die Vielfalt jedoch, die es bei der fischigen Fortpflanzung gibt, ist absolut erstaunlich.

Eier, Babys, Geschwistermörder

Der Großteil aller Lebewesen wird nicht geboren, sondern erblickt das Licht der Welt nach dem Schlupf aus einem Ei.

So auch die meisten Fische. Die Strategie ist erfolgreich: massenhaft Larven, damit die Räuber so viel zu fressen haben, damit einige überleben und durchkommen, z.B. unter 0,1% beim Kabeljau. Fische belegen die Top-Positionen der Eierleger, der Mondfisch produziert mit satten 300 Millionen die meisten von allen.

2 mondfischRiesiger Mondfisch, geschätzt auf ca. 1700kg, gefangen 1910 vor der Küste Kaliforniens

 

5% der Fische, hauptsächlich Knorpelfische wie Haie und Rochen, aber auch einige der Knochenfische haben eine andere Strategie, den Nachwuchs durch zu bringen, eine, die der unserigen ähnelt. Sie produzieren wenige, dotterreiche Eier, die eine mehrmonatige Entwicklungszeit haben oder bringen lebende Junge zur Welt, die ebenso zunächst als befruchtete Eier im Uterus heranreifen.

Solche Jungtiere sind weiter entwickelt, haben bessere Überlebenschancen.

3 eier zebra stierkopfhaiwunderschöne Eier vom Zebra-Stierkopfhai

 

Gut, das gilt nicht für alle; beim Sandtiger und einigen anderen Haien vertilgen in jedem der 2 Gebärmuttersäcke der jeweils größte Embryo alle weiteren Geschwister.

Es wird nur noch ein wohlgenährtes Zwillingspärchen geboren, von je 1m Länge und 20kg Gewicht.

4 sandtiger haiBeim Sandtiger sind schon die ungeborenen Babys nicht gerade nett; Foto: Richard Ling [CC BY-SA 2.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0)]

Während die meisten Arten die Milch, also den männlichen Samen, im Wasser zu den Eiern ausstoßen, findet bei den Lebendgebärenden „richtiges Poppen" statt.

Und da Maulbrüter den Laich im Maul ausbrüten, bemühen sich die Barsche in den Mund der Partnerin zu ejakulieren; ich denke, spätestens jetzt habe ich eure Aufmerksamkeit!

Mann oder Frau? Man weiß es manchmal nicht genau

Nur 88% aller Fischarten sind von vornherein unveränderbar auf das Geschlecht Männlich oder Weiblich festgelegt. Der Rest sind Zwitter oder wechseln ihr Geschlecht, teilweise sogar mehrfach.

Ein Anemonenfisch-Rogner beispielsweise, lebt als dominantes Tier mit mehreren Männchen in Symbiose mit einer Anemone. Stirbt Domina Nemo, verwandelt sich der stärkste der Höflinge in nur wenigen Tagen oder sogar nur Stunden zur neuen Herrin und übernimmt die Stellung seiner ehemaligen Geliebten inkl. eines neuen Geschlechts.

Somit ist es gar kein Problem ein Pärchen aus einer Gruppe gleich aussehender Nemos auszusuchen. Man nimmt einfach 2 beliebige Fische. Der, der dann größer wird, ist garantiert das Weibchen.

5 anemonenfischeEine der 28 Arten der Anemonenfische, besser bekannt als Nemo

Die Festlegung auf ein bestimmtes Geschlecht, bzw. der Geschlechtswechsel wird durch viele Ursachen bedingt. Während für uns Säugetiere ausschließlich genetischen Vorgaben gelten, sind dies bei Fischen auch Umweltfaktoren und soziale Umstände.

Nicht immer ist klar, ob es eine wirkliche Geschlechtsumwandlung handelt. Bei manchen Arten entwickeln Fische die typischen Geschlechtsmerkmale erst sehr spät, sind aber schon zuvor darauf festgelegt. So gibt es z.B. bei Sonnenbarschen keine Umwandlungen, sondern nur Weibchen, Männchen und Männchen, die zunächst aussehen wie Weibchen. Man vermutet, dass diese Tiere sich zunächst nicht gegen die stärkere Konkurrenz durchsetzen können und deshalb quasi getarnt bleiben. Man spricht da von Früh-Männchen, Spät-Männchen, Früh-Weibchen und Spät-Weibchen.

Zwitter - Jeder mit jedem? Nö!

Zwitter sind im Tierreich selten, es gibt keine bei Säugetieren, Vögeln, Reptilien und Amphibien und nicht mal 2 Handvoll bei den rund 1 Million Insektenarten.

Bei Fischen kommen sie häufiger vor. Sie agieren als Männchen und Weibchen zugleich und befruchten sich gegenseitig.

Der Hamletbarsch z.B., ein Bewohner tropischer Riffe, übernimmt bei jedem zweiten Laichvorgang eine andere Rolle, mal Papa, mal Mama.

Der Traum einer jeden Gender-Fürsprecherin!

Auch sonst ist dieser Fisch hochinteressant. Ein Tier, das mitten im Artbildungsprozess ist. Es gibt verschiedene Farbvarianten, die sich zu 95% untereinander paaren, zu 5% aber noch mit anderen Varianten, die auch unterschiedliche Lebensarten entwickeln..

6 hamlet barschOb Men's- oder Lady's-Night, der Hamletbarsch ist auf jede Party eingeladen; hier ein Butter-Hamlet-Fish

Es gibt Fischarten, bei denen es Zwitter UND Männchen, oder Zwitter UND Weibchen oder Zwitter UND Männchen UND Weibchen gibt!

Der Marmorierte Bachling, eine Killifischart, die in den Tropen der Atlantikküste lebt, überrascht mit noch mehr Superlativen.

Die Fische verlassen z.B. das Wasser, leben bis zu 2 Monate an Land. Darüber hinaus sind sie fast alle Zwitter. Je nach Region sind bis zu einem Viertel der Tiere auch "nur" Männchen. Letztere können sich mit den Zwittern paaren, die Zwitter untereinander wiederum nicht.

Die Zwitter des Marmorierten Bachlings vollbringen aber das Kunststück, das einzig bekannte Wirbeltier der Welt zu sein, welches zur Selbstbefruchtung fähig ist!

7 marmorierter bachlingMarmorierter Bachling, das einzige Wirbeltier, welches sich selbst befruchten kann

 

Grinsen lohnt nicht, dies dient ausschließlich der Fortpflanzung wenn zu wenig Männchen vorhanden sind und macht nicht annähernd so viel Spaß, wie es sich anhört.

Nun endgültig verwirrt? Alles noch harmlos, es gibt Schleimpilzarten mit über 500 verschiedenen Geschlechtern!

In- und Auszucht

Die Gründe, die die Natur dazu bringen, eine solche Vielfalt zu entwickeln, können wir nur teilweise nachvollziehen. Ist eine Erkenntnis gewonnen, bricht die nächste Entdeckung die gefundene Logik.

Oft ist die Vermeidung von Inzucht der Grund. Nur bei wenigen Tierarten scheint der durch Inzucht hervorgerufene Genmangel kein Problem darzustellen, …ganz anders als beim menschlichen, europäischen Adel.

Aber schon mal was von "Auszucht" gehört?

Beispiel: Buckellachse, die wir als Traumfische für die Angelei kennen, laichen in einem zweijährigen Rhythmus. Die entstehenden Jungfische tun selbiges.

Sind Buckellachse also nur alle 2 Jahre in den Flüssen Nordamerikas zu befischen? Nein, es sind 2 Populationen einer Art, die sich nie zum Laichen begegnen.

8 buckellachsBuckellachs; wer möchte nicht mal eine solche Rakete am Band haben, egal aus welchem Jahrgang?

Paart man diese beiden Populationen untereinander künstlich, sind die Nachkommen nicht so überlebensfähig wie die natürlichen Fische. Greift die Natur oder der Mensch nicht ein, könnten sich die grad- und ungradjährigen Gruppen irgendwann zu 2 verschiedenen Arten entwickeln.

Pussyterror - Männer sind überflüssig

Hier etwas speziell für die LeserINNEN:

Bei sehr vielen Fischarten ist der Rogner das größere Tier, die Liebhaber bleiben deutlich kleiner. Wir kennen das von unseren Hechten oder von Italienern.

"Der" Tiefsee-Anglerfisch trägt "seinen" Namen zu Unrecht. Die Tiefseeanglerfische (es gibt rund 160 Arten), die wir von Bildern her kennen, sind ausschließlich Weibchen!

Die Milchner dieser Arten sind im Vergleich zu den Mädels winzig klein, haben keinerlei Ähnlichkeit. Findet einer nach zig Jahren Suche in der Tiefsee seine Angebetete, verbeißt er sich, verwächst dauerhaft mit ihr und dockt an ihren Blutkreislauf an. Er verkümmert quasi zu einer Spermadrüse.

Genannt wird dies übrigens Sexualparasitismus; da fallen mir auch einige Sprüche zu ein, aber lassen wir das an dieser Stelle besser.

9 tiefsee anglerfischWeibchen mit 2 Kerlen ‚im Schlepptau’; Illustration: Ray Simpson Attribution-Share Alike 2.5 Generic Licence


Können Sie, werte Dame, sich vorstellen, Ihren Gatten, oder gleich mehrere davon, wie ein Geschwür am Hintern mit sich rum zu tragen? Oder kommt es Ihnen so vor, dass es schon lange genauso ist?

Vielleicht gefällt aber auch dem hübscheren Geschlecht unter uns Menschen das Sexleben unseres einheimischen Giebels noch besser.

10 giebelGiebel oder Karausche? Giebel! Auch wenn man es hier nicht gut sieht, weil ich meine Flosse über die Rückenflosse halte

Es sollte eigentlich unserE Giebel heißen, im Zweifelsfall sind es nämlich Rogner, denn Männer sind bei ihnen nicht unbedingt nötig, obwohl es sie gibt.

Den Giebeldamen genügen auch die Spermien anderer Karpfenartiger. Sie mischen sich unter die paarenden Karpfen oder Karauschen, die Spermien dieser stoßen die Zellteilung der Giebel-Eier an, ohne dass Gene miteinander verschmelzen; also keine Hybriden. Die Nachkommen sind allesamt weiblich, Klone der Mutter.

Es gibt Gewässer, in denen ausschließlich weibliche Giebel vorkommen.

Amazonas-Mollys steigern dies noch, sie sind Wirbeltiere ohne jegliche Männchen; Frauenpower pur.

11 amazon kaerpflingAmazonenkärpfling, nur eine Skizze, aber 100%ig ein Weibchen

 

Um den Kerlen noch eins mitzugeben:

Bachforellen tauschen in gut der Hälfte der Paarungsakte einen Orgasmus nur vor.

Regulär zittern die Rogner vor der Befruchtung stark, bevor Eier und Samen gleichzeitig abgegeben werden. Manchmal zeigten die Weibchen dieses Verhalten, ohne jedoch Eier auszustoßen, vermutlich verhindern sie so eine Paarung mit unerwünschten Partnern.

12 bachforelleDiese BaFo wurde vom Autor getäuscht, nicht andersherum

Die Herren der Schöpfung

Dabei geben wir Männer uns so viel Mühe!

Zum Beispiel brummen Milchner der Bootsmannfische an der Westküste der USA Liebeslieder um die Holden anzulocken. Das bis zu einer Stunde anhaltende Brummen eines Männchens kann Bootswände zum Vibrieren bringen.

Es werden aber nur die Weibchen "anvibriert", die befruchtungsfähige Eier in sich tragen, alle anderen Weibchen können den Lockruf gar nicht hören. Es kommen also nur die wirklich paarungswilligen Mädels. Glückliche Bootsmänner!

13 bootsmannfischBootsmannfisch; Foto: Björn S... [CC BY-SA 2.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0)]

Andere Burschen kleiden sich zur Laichzeit oder auch dauerhaft in bunte Schuppengewänder.

Zwar sind auch bei den Guppys die Mädels größer, dafür aber auch fetter. Die Männchen sind wesentlich agiler, schöner, prachtvoller.

Sexuell sind die Herren äußerst agil, bedrängen sogar die Damen andere Fischarten so sehr, dass diese nur erschwert selbst für Nachwuchs sorgen können.

14 guppy paarGuppy-Paar Wildform; links M, rechts W). Die Männers sind die Potenzprotze unter den Fischen. Schön, dauergeil, aber je schöner desto erfolgloser ; Foto: Wibowo Djatmiko

 

Der Dank für die all Bemühungen: Genetisch wurde nachgewiesen, dass die größten und schönsten Guppyjungs sich selten erfolgreich fortpflanzen können, sondern eher unscheinbare Konkurrenten zum Zuge kommen, da die Helden zu sehr mit Konkurrenzabwehr, Brautwerbung und Darstellung ihrer Pracht beschäftigt sind.

Da sollte man(n) mal drüber nachdenken.


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