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Beim nächsten Mal...

Es ist soweit. Morgen ist der große Tag. Morgen wird der Angler aus seiner wochenlangen Zwangspause, verursacht von Broterwerb, sozialen und familiären Verpflichtungen sowie anderen Nebensächlichkeiten des Lebens, erwachen. Er wird an diese eine, ganz besondere Stelle gehen, die Stelle an der er beim letzten Mal so viel Erfolg hatte, die Stelle über die er seit dem ständig nachdenkt und vor sich hin brütet. Komme was wolle, Regen, Schnee, Eis, brütende Hitze oder gar das jüngste Gericht selbst, nichts wird ihn aufhalten dorthin zu gehen.

In aller Frühe, das ganze Haus noch in friedlichem Schlummer, hängt seine Wathose schon bereit, um Mitternacht hat er selbige endlich noch schnell geflickt.

Seine Naturköder sind fein säuberlich vorbereitet und stehen der Frische halber im Kühlschrank, er wird sich an sie und ihren Standort erinnern sobald er später, an seiner ganz besonderen Stelle, die ersten Friedfische sieht. Seine Kamera hängt vorsorglich am Ladegerät, sie wird dasselbe Schicksal wie die Naturköder erleiden.

Er selbst ist eingeschlafen, im Sitzen, vor sich einen Berg Kunstköder und ein perückenartiges Gebilde aus Vorfächern die er um 02:00 Uhr nachts noch schnell einsortieren wollte.

Draußen, auf der Straße scheppert mit donnerndem Getöse das Vehikel seines Angelkollegen heran. Der Kollege hupt nachhaltig und aggressiv bis die gesamte Nachbarschaft und am Ende auch der Angler selbst wach sind.

Dieser erwacht überrumpelt, den Ärmel bereits in unzähligen Haken und Drillingen verfangen, wischt alle verstreuten Utensilien in einen monströsen Eimer, stülpt sich zweierlei dreckige Socken über die Füße und schlüpft in seine Stiefel, greift sich seine Ruten und wirft die Tür hinter sich zu. Kurze Zeit später öffnet er sie wieder, holt seine Wathose und den Kescher und geht endgültig.


Es dauert etwa 40km bis ihm einfällt dass die frisch geölte Rolle auf der Werkbank liegt und seine Regenjacke noch zum trocknen in der Garage aufgehängt ist, seit Wochen. Es sieht zwar nicht regnerisch aus, leider befindet sich aber sein Angelschein noch in der Jacke…

„Beim nächsten Mal! Beim nächsten Mal bin ich besser vorbereitet und fange früher an!“
Doch wie soll man das schaffen, wird sich der geneigte und vielleicht sogar angesprochene Leser fragen?

Bücher und digitale Werke zum Thema Angelgerät, dessen Wartung, Pflege, Neuzusammenstellung, Verbesserung und Erweiterung würden inzwischen ganze Bibliotheken füllen, wenn Bibliotheken sich dafür interessieren würden. Wer all diese Werke liest, jeden Abend nach der Tagesschau brav in seinen Hobbykeller verschwindet und dort all das gelesene umsetzt und vorbereitet, der wird nach wenigen Monaten schon feststellen dass er nun perfekt gewappnet, jedoch auch Single, sozial ausgestoßen und von den Eltern als vermisst gemeldet worden ist.

Es sollen dem Leser im folgenden einige Ratschläge erteilt werden die beim nächsten Mal hilfreich sein könnten:
Jegliche interessante Informationen sollten ausgedruckt oder ausgeschnitten werden sowie fein säuberlich abgeheftet in einem eigens dafür eingerichteten Ordner. Dieser kann später sehr nützlich sein um Fische in Papier einzuwickeln oder falls der Räucherofen nicht angehen will.

Kleinteile sortieren

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Sehr wichtig ist es rechtzeitig seine Kunstköder, Fliegen, Vorfächer, Posen und Bleie zu sortieren. Hierzu sollte man sich abends zurückziehen, mit einer guten Flasche Wein, Single Malt oder welches Gift auch immer den persönlichen Neigungen entspricht. Dann lehrt man alle Boxen auf den Tisch vor sich aus und beginnt zu sortieren.
„Ach sieh an, diese Pose, mit der habe ich doch damals diese wunderschönen Schleien aus dem Kraut gezaubert. Herrlich.“
Hat man das erste Stück lange genug bewundert und alle Ereignisse damit ausreichend rekapituliert darf man sich einen kräftigen Schluck genehmigen und nachschenken.
„Dieser Wobbler, wo hab ich den denn das letzte Mal gefischt...Moment das war doch....“
- nächster Schluck -
„Ach sieh an der alte Gumifisch, den könnte man ja nochmal kleben....“
- nächster Schluck - ….

Erwacht man schwer angenüchtert, zu nachtschlafender Zeit, da die bessere Hälfte besorgt nach dem Vermissten sehen kommt, sollte man das Allerlei aus Angelutensilien wieder auf schnellstem Wege in die Boxen stopfen und sich das Projekt für den morgigen Tag erneut vornehmen.

Wathosen und -stiefel reparieren

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Es gibt eigentlich nur eines das schlimmer ist als das Gefühl wenn einem morgens um 06:00 Uhr das eiskalte Winterwasser in den Watstiefel läuft:
Das Gefühl wenn es gleichzeitig in beide Stiefel läuft.
Es soll Angler geben die dieses Gefühl vermeiden wollen indem sie vor Betreten des Wassers die Stiefel mit warmem Wasser füllen, dabei gibt es mehrere Methoden um einwandfrei festzustellen ob die Watsachen noch dicht sind.

Man kann die Wathose anziehen und sich in die eingelassene Badewanne setzen. Meist führt das aber nur zu einem plötzlichen Anstieg des Wassers dass nun freimütig von oben in die Wathose einfließt. Schlimmstenfalls kann einen auch die bessere Hälfte dabei ertappen und wahlweise einen Rückfall in die Kindheit oder perverse Neigungen vermuten.

Auch von einem Probebad in der Regentonne sollte daher aufgrund der nachbarschaftlichen Verhältnisse abgeraten werden.

Die einzig richtige Methode besteht darin die Wathose oder Watstiefel in den Keller zu bringen und an eigens eingeschlagenen Nägeln aufzuhängen. Anschließend füllt man sie langsam mit Wasser um etwaige Löcher zu entdecken. Man sollte dabei schnell sein, damit man das Loch findet bevor die Nägel sich lösen oder verbiegen, die Watsachen freigeben und den Kellerboden fluten da eine Lochsuche danach nur schwerlich weiterzuführen ist.
Wer trotz aller Vorsichtsmaßnahmen im Wasser steht und ein Loch bemerkt, dem sei geraten darunter ein zweites Loch zu schneiden, so kann das Wasser zumindest wieder abfließen.

Angeltasche ausräumen

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Eine Angeltasche ist ein wundersames Objekt. Sie vermag sich innerhalb kürzester Zeit in eine umfangreiche Sammlung von Defektem, Vernachlässigtem, Unnützem und Kuriositäten zu verwandeln um dann hartnäckig und langfristig so zu bleiben. Es sei geraten deshalb die Tasche komplett zu entleeren und alles Unnütze und Fragwürdige zu entsorgen.

Man sollte wirklich nur unumgänglich wichtige Dinge wieder zurück in die Tasche verfrachten als da zum Beispiel wären:
Eine Rolle Panzertape die man zwar bisher noch nie gebraucht, aufgrund ihres Gewichts aber schon tausendmal verflucht hat, aber die natürlich für allerlei Reparaturen nützlich sein könnte.

Ein halb gegessener Müsliriegel und mehrere Kaugummis die so fest mit dem Seitenfach verschmolzen sind dass man sie ohnehin nicht entfernen kann.
Eine kleine Handsäge die man ständig brauchen könnte um Angelplätze freizulegen oder Köder aus Ästen zu retten, deren Benutzung am Wasser dann aber immer zu aufwändig und invasiv erscheint.

Eine reiche Auswahl an Ködern aus dem Kuriositätenkabinett. Exoten die man nie an die Leine knüpfen wird, die aber im Geiste alle für eine ganz besondere, spezielle Situation die irgendwann einmal auftauchen könnte, immanent wichtig sein werden.

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Bleie in allen im Handel erhältlichen Gewichten, Formen und Farben. Selbstverständlich für den Verlustfall in mehrfacher Ausführung. Für die Praxis würden zwar wenige Exemplare ausreichen, der körperbewusste Angler schätzt jedoch den Trainingseffekt beim Transport des Bleisortiments.

Um wenigstens irgendetwas zu entsorgen wirft man letztendlich einige Kabelbinder und Sicherheitsnadeln aus der Tasche. Diese wird man sich sehnlichst zurück wünschen sobald beim nächsten Mal der Träger der Wathose reißt.

Beim nächsten Mal...

Es bleibt am Ende die Frage, ob der Angler sich derart geschult, beim nächsten Mal rechtzeitig und umfassend vorbereiten wird. Wird er seine Köder und Kleinteile sortieren? Wird er alles bereit liegen und nichts vergessen haben? Als Antwort und Fortsetzung sei die erneute Lektüre ab Zeile Eins dieses Artikels empfohlen.

Viel Glück beim nächsten Mal !

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Axel Reingruber

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Kommentare  

Super geschrieben einmalig meine Frau und ich haben herzlich geschmunzelt es ist so und nicht anders viele Grüße Josef